Schrauber- und Regengötter am Dreieck – German T.T. in Schleiz

Es ist inzwischen mal wieder Nacht geworden um die Teamzentrale herum. Während el Mecanico drinnen Brunhilde das Röckchen anpasste, wollte loki draußen nur eben fix die Räder von Apollo13.2 von „ieh“ nach „oho“ tauschen und nebenbei gleich noch der Ursache für den Radschiefstand hinten links auf den Grund gehen. Die Folge war eine zeitraubende wie blutige OP an Fragmenten eines Schräglenkers. Der war nämlich einmal halb durchgerissen. Danke lieber Dennis Kramer, amtlich anerkannter Prüfer mit Teilbefugnis (aaPmT) des TÜV Rheinland, der Du den Anhänger am 14.10.2015 in Oppenheim mit einer frischen Plakette versehen hast. War ein feiner Zug von Dir. Leider hat unser loki das gute Stück im März 2016 erworben und findet sowas ganz und gar nicht lustig, Du bl… A…!!!

Am Morgen des Fronleichnamtags, waren unsere Jungs wieder am Start um den kleinen nun nicht mehr fußkranken Lastenesel zu bestücken. Die Beladung sollte recht zügig von der Hand gehen, denn Betty war aufgrund der technischen Probleme am Most-Wochenende vor 1 ½ Wochen gar nicht erst mit in den Süden geflogen. Zwei Jungs aus der Gladius Trophy, Franky (Lieber) und Moritz (Möbius) haben die Italienerin mit der tiefschwarzen Seele mit nach Hause genommen, von wo aus sie wenige Tage später von unserem Prüfstandsmann aufgelesen und neu eingestellt wurde. An dieser Stelle nochmal herzlichen Dank an Franky und Moritz! Ihr seid die Wucht in Tüten Männer!

So machten wir uns das erste Mal bereits vormittags und völlig stressless auf den Weg zur Wettkampfstätte. Die Reise ging ins beschauliche Schleiz, eine Stadt, die vormals als Residenzstadt des Fürsten Reuß-Schleiz und inzwischen, viel interessanter für unsereins, für eine der ältesten Motorsport-Rennstrecken Deutschlands bekannt ist. Der zweitbeste Platz im Fahrerlager war uns bereits sicher, da durch Philipp Messer freigesperrt. Entspannt angereist, relaxed aufgebaut, bei Tageslicht zum Bierstand gefunden, die Nacht zum Tag gemacht. Welch ein Erlebnis…

Tag 1 – Freies Training loki
Freitagmorgen… 06:30 Uhr… Loki erblickt leicht zerknirscht das Tageslicht im oberen Fahrerlager der traditionellen Dreieckspiste und rief, wie einst Rocky Balboa seine „Äääydriääähhhnnn“, leicht angeschlagen nach seiner Black Betty. Immerhin war ihm ihre Ankunft auf den Hochebenen des Vogtlandes bereits für gestern 21:00 Uhr, dann 22:00 Uhr versprochen worden. Der Smaltmoto-Häuptling Konstantin himself hatte loki’s Asphaltfräse im Gepäck und war des Nachts mit seiner Wagenburg und Lichtmaschinen-Schaden leider irgendwo auf halber Strecke zwischen Peine und Schleiz zur Notlandung gezwungen gewesen.

Kaum war zur Fahrerbesprechung geladen, kam der erlösende Anruf von Konsti. „Moin loki! Wo steht Ihr denn? Wir reiten soeben durchs Haupttor.“ Puhh… Für unseren Schraubergott #1 ging unverzüglich der Werkstattwagen auf. Betty musste schließlich noch komplettiert, eingestellt, geflext, abgeknackt, gebohrt, gestrapst, verkleidet und beklebt werden. Dabei und bei der Suche nach einigen verschollenen oder im RSRP-Headquater versehentlich vergessenen Kleinteilen hatte loki tatkräftige Unterstützung vom inzwischen nebenan eingezogenen Smaltmoto-Team. Das Aufbringen der ansehnlichen Schar von Sponsorenaufklebern war bei Brunhilde bereits gestern geschehen. Somit konnte unser Aprilianer sich bei der Gestaltung der Venezianischen Tracht am nebenstehenden GFK-Kimono orientieren.

El Mecanico war unterdessen mit loki’s treuem Zugpferd, dem Polarstern, auf Beutezug in nahegelegene Super- und Baumärkte ausgerückt. Er war auf feste und Flüssige Nahrung und auf befestigende Bodenplatten fürs begrünte Fahrerlager aus. Außerdem versorgte unser Raubritter bei einer Rast im Gasthaus zum güldenen M unsere treue Anhängerschaft mit dem Rennbericht aus Most. Was mobile Datenübertragung oder gar WLAN angeht, ist Schleiz leider noch etwas hinter dem Durchschnitt unterwegs.

So verging der komplette Freitagvormittag, und mit ihm ein wichtiger Trainingsturn nach dem anderen. Schließlich war immernoch unklar, ob die dunkelhäutige Schönheit überhaupt anständig Ballett machen würde. Vor diese Prüfung hatte die Rennkommission allerdings die Barrikade technische Abnahme gestellt. Also das Italobrenneisen fixen Schrittes hinüberkatapultiert, einen weiteren Aufkleber abgeholt und mit gemischten Gefühlen zum ersten Mal seit nunmehr 12 Tagen wieder den Anlasserknopf betätigt. Betty hustete sich den Weg ins Leben noch etwas frei, lief nach kurzer Aufwärmphase aber recht sauber in die Standdrehzahl ein. Der erste bzw. fünfte und vorletzte Turn konnte also kommen.

El Mecanico konnte vor Ort leider kein Ticket für die freien Trainings mehr lösen. Zu groß war der Andrang der Trainingswilligen im Vorfeld gewesen. Die in weiser Voraussicht eröffnete Warteliste war inzwischen länger als das Neue Testament. Im Nachhinein verständlich bei DER Strecke und DEM Wetter. So blieb unserem Honda-Jockey für heute nur der Papierkrieg rund um Lizenz und Anmeldung nebst Abnahme für die Renntage. Die Abnahme der Bikes für die scharfen Tage war dabei DMSB-seitig selbstverständlich hoch bürokratisch von der schnöden Blickhascherei als Prüfung für die Trainingstage getrennt und separat im unteren Fahrerlager vorgenommen worden. Nach loki’s letztem Turn hatten unsere tapferen Recken auch diese Hürde hinter sich gelassen und liebäugelten kurze Zeit später mit dem geilsten Abendessen unserer Rennstreckenkarriere, nämlich selbstgemachten Spaghetti Bolognese und buntem Salat aus der Gourmetküche von Philipp’s Wohnmobil, und der ein oder anderen Hopfenkaltschale. Ein geiler Abend war das Männer! Danke nochmal!

Nach dem Essen, Trinken, Bierwagenbesuch und el Mecanico’s Erkenntnis, dass auch geiles Essen in Massen genossen großes Bauchweh und übelste Übelkeit hervorrufen kann, kam loki alleine dem verabredeten Abwaschdienst nach und mietete sich bis nachts um 01:00 Uhr in Philipp’s megamäßig ausgestattetem Werkstattanhänger ein. Der kleine Philipp, der des großen Philipp’s el Mecanico ist, half unserem Donnerkapitän bei Betty’s Tankumrüstung. Der alte Tank passte einfach nicht mehr ins neue Farbkonzept.

Tag 2 – Qualifyings el Mecanico und loki und Rennen 1 el Mecanico
Der Samstagmorgen begrüßte uns freudestrahlend und mit bester Laune. Da die vorherige Nacht uns spät mit einem Arschtritt ins Bett geschickt hatte, kam uns dieser Umstand sehr gelegen. Leider hatten wir das Frühstück bereits ohne es einzunehmen hinter uns gelassen. So kam es dann, dass el Mecanico ohne Nahrungsaufnahme um 08:00 Uhr in sein erstes Qualifying starten musste. Seine Worte danach waren „…ohne Frühstück raus auf die Strecke und ein paar Runden gedreht. Insgesamt habe ich mich schon deutlich wohler gefühlt als in Most. Ich konnte in den Kurven das Vertrauen zurück gewinnen und mich langsam an die Bremspunkte tasten. Leider stotterte Brunhilde immernoch wie verrückt im oberen Drehzahlbereich.“

Diese Erfahrung musste – upps, ganz vergessen zu erwähnen – auch loki am Vortag machen. Konsti beteuerte allerdings, dass es am Prüfstand mit Ladegerätunterstützung keine derartigen Schwierigkeiten gegeben hatte. Wir scheinen den Fehlerteufel also so langsam in die Enge zu treiben. Offenbar ist die derzeitig verfügbare Generation China-Modellbauakkus im Gegensatz zu früheren Chargen nicht zum Starten und danach lichtmaschinenlosem Betrieb von großvolumigen Ottotreibsätzen geschaffen. Wir begannen unsere Fühler im Fahrerlager nach weniger schwachbrüstigen Elektronenspeichern anderer Bauarten auszustrecken. Dazu später mehr.

Auch loki, der mit dem gestrigen Tagesverlauf (einmal mehr) ganz und gar auf Kriegsfuß gestanden hatte, – seine beste Runde 4 ½ Sekunden, also eine halbe Ewigkeit, langsamer als in 2015 – war inzwischen in das samstägliche Startplatzrennen eingestiegen. Neben dem Benzintank hatte er am Vorabend auch noch Betty’s Funkengeneratoren getauscht. Leider blieb diese Maßnahme ohne den zündenen Erfolg. Das erste Qualifying lief entsprechend unterirdisch. Mit seiner 1:47.2 bewegte er sich derzeit nur auf Rang 14/18 in der Pro Thunder. Zwischendurch hatte loki immer mal wieder ein offenes Ohr und Rat und Tat für Detlev Horst, einen alten doch bisher unbekannten Klassenkameraden und RSV 1000 R Treiber, der massive Probleme mit reißenden und danach spuckenden Öltanks zu haben schien.

Der Wetterfrosch machte sich im Hinblick auf den Nachmittag bereits im gläsernen Hobbykeller zu schaffen und zersägte seine Leiter. Alle standen also unter Zugzwang noch bei trockenen Bedingungen eine schnelle Runde in die Triangel zu brennen. Das war auch unseren Feuerstuhltreibern bewusst und in ihren zweiten Qualifikationsläufen gaben sie dann alles. Bevor es für el Mecanico losging, war es ihm gelungen, Messer’s Philipp eine Bleibatterie aus den Rippen zu leiern und fix noch in Brunhilde’s Hinterteil zu implantieren. Und los!

Sein Erfahrungsbericht nach Q2 ging so: „Ich bin dann raus und dann lief‘s die ersten paar Runden richtig gut. Danach fing sie wieder an zu stottern allerdings etwas „später“. Ich habe mich dann während des Turns größtenteils auf die Probleme und weniger aufs fahren konzentriert (mal wieder). Dabei ist mir aufgefallen dass mir im oberen Drehzahlbereich die Bordspannung zusammenbricht und das die Zündaussetzer verursacht. Aufgrund des zeitlich kritischen Umbaus auf die andere Batterie hatte ich vergessen zu tanken und lief auf letzter Reserve nach dem Turn ins Fahrerlager ein. Musste in der letzten Runde manuell auf Reserve stellen und bin dann sehr ruhig die Runde zu Ende gefahren…“

Als nächster Turn stand das SuperClassiX-Q3 für uns an. El Mecanico hatte dem Blei nochmals eine externe Ladung verpasst, bevor er gen Boxengasse losrollte. Dunkel und schwer bewölkt war es inzwischen geworden und abseits der Strecke hatte der ein oder andere Regentropfen bereits Thüringer Boden erreicht. Trotz schlechter werdender Bedingungen aber mit dem Bewusstsein, dass hier und jetzt eh nichts zu ändern war unterm Helm, ließ Q3 sich für unseren Hondaristen etwas entspannter an. Endlich konzentrierte er sich aufs Fahren. Die beste Runde, die el Mecanico zusammenbrachte, reichte in seiner TT F2-Klasse knapp zur Pole. Hier gratulieren wir zum ersten Mal!

Direkt im Anschluss rollte Betty mit loki auf dem Rücken Brunhilde und el Mecanico zum Q2 der Pro Thunder entgegen. Der kleine Grüne im Glas fing unterdessen an alles für ein gemütliches Lagerfeuer zu sortieren. Doch loki musste noch was reißen, wenn er sich nicht schon am Start der morgigen Rennen sämtlicher Punktechancen berauben wollte. Immerhin sind die anderen Donnerreiter auch keine Nasenbohrer und würden sich in ihrem zweiten Turn sicher nicht lumpen lassen. Loki kam mit einem mulmigen Gefühl aus der Quali zurück. „Das war definitiv besser als heute früh. Vielleicht so in dem Bereich von gestern Abend. Aber schnell war das nich. Ich muss einfach den Kopf von dem Mopped weg, hin zur Linie kriegen. Spaß hat das grad nich gemacht ey…“ So loki’s Resümee aus unserem letzten trockenen Umlauf des Tages.

Q3 fiel für loki ins Regenwasser. Bereits 20min später sollte el Mecanico in seine erste Zählrunde starten müssen. Noch gab es Hoffnung auf eine trockene Ideallinie, denn das Wetter spielte Roulette. Am Ende gewinnt hierbei, wie hoffentlich alle wissen, immer nur einer. Die Bank! Loki war gerade dabei sich bei seinem Klassenkameraden Jonas nach dessen Strategie zu erkundigen, als der erste Aufruf zum R1 der ClassiX und SuperClassiX durchs Fahrerlager waberte. Brunhilde stand bislang noch ohne Profil auf den Rädern da. El Mecanico traf eine Entscheidung. Sofort loki suchen und wie der Blitz auf Regenreifen umbauen. Der V2-Treiber war schnell gefunden und stürmte mit leckerem Gehopf aus Bayrischen Gefilden bewaffnet gen RSRP-Zeltlager. Jonas wetzte zur Unterstützung hinterher. Loki vorne raus, el Mecanico hinten raus, alles zum Bridgestone-Mann, zweiter Aufruf zum Rennen, Lederpelle an, Räder nach dem Umbau zurück ins Fahrwerk, Jonas mit dem Blick fürs Werkzeug, dritter Aufruf zum Rennen, Drehmomentschlüssel durch Erfahrung ersetzt, Bremsen aufgepumpt, Helm auf und los wie die Feuerwehr.

Der Weg in die Startaufstellung war für keinen von uns bisher so dermaßen kurzweilig wie der von el Mecanico in sein allererstes Regenrennen. Im Launch Complex angekommen zuckten Gedanken zu ‚Fahren im Regen… Wie geht das?‘ und an die schicke neue Lackierung hinterm Visier, blieben zum Glück aber weitestgehend verrauscht. In der Inlap hatte el Mecanico dementsprechend absolut gar kein Vertrauen in Schräglage und ließ alles sehr ruhig angehen. Das Rennen selbst lief für ihn wie im Tunnel und endete mit einem unglaublichen Klassensieg! Hier gratulieren wir ganz herzlich ein zweites Mal zu einer geschichtsträchtigen Leistung des gesamten Teams und geben Raum für die persönlichen Eindrücke unseres Goldkindes:

„Der Vorstart lief insgesamt ganz gut wobei sich da schon etwas mehr Vertrauen einstellte. Beim Start selbst war mir trocken oder Regen egal. Ich bin sehr gut nach vorne gekommen. In der ersten Kurve bin ich um ein Haar in das Hinterrad von einem vor mir gekracht, da er recht abrupt von ganz außen nach ganz innen gezogen ist, was seine Körperhaltung vorher nicht gerade erahnen ließ. Das überstanden, ging es auf Kurve 2 oben auf dem Buchhübel zu und ich dachte bei mir nur: ‚Ok!? Die fahren auch auf Regenreifen und wiegen ähnlich viel wie du, also muss das physikalisch bei dir auch alles gehen.‘ Habe versucht ein paar Runden an der Spitzengruppe dran zu bleiben, dann aber abreißen lassen, als ich merkte, dass hinter mir alles frei ist. Ich wollte einfach nicht auf allerletzter Rille unterwegs sein und das Mopped dadurch wegschmeißen. Das auf dem Kopf stehende Mopped* hinterm Buchhübel trug psychologisch ebenfalls seinen Teil dazu bei. Habe mich dann regelmäßig umgeguckt und bin mein Tempo gegangen. Kritisch wurde es zwischendurch als die Sonne raus kam. Man kriegt direkt das Gefühl dass man sonst immer bei Sonne hat und man versucht automatisch wieder früher am Gas zu sein und später auf der Bremse. Nachdem ich dadurch ein paar Mal ziemlich übel gerutscht bin, hab ich mir wieder vorgenommen mich zusammenzureißen und das Ding nach Hause zu fahren.

Als ich dann die schwarz weiße Flagge gesehen habe, habe ich wie noch nie zuvor unterm Helm geschrien vor Freude. Ich hatte zu dem Zeitpunkt ja noch nich die leiseste Ahnung davon, dass ich gewonnen hab. Ich war einfach so unglaublich happy das ich das Ding heile nach Hause gefahren habe. Da am Start alles voller Gischt war, hatte ich absolut keine Ahnung ob noch jemand aus meiner Klasse vor mir war. Fakt war für mich: Ich wurde nicht überholt und habe selbst einige überholt. Also bin ich im Fahrerlager mal rumgelaufen und habe mich beim Johnny erkundigt wie es ihm geht. Die Anzeichen dass ich gewonnen hatte, verdichteten sich langsam. Kurz danach kamt ihr alle auf mich zu und sagtet mir, dass ich gewonnen habe… Unglaublich!!! Solch ein Chaos und dann noch gewonnen!? Ich konnte es nicht fassen.Iich habe es einfach nicht realisiert.“

Es ging sogleich zur Siegerehrung, wo einer von uns am liebsten einen ganzen Tanklastzug voll mit spritzbarem Perlwein zur Verfügung gehabt hätte. Das hat selbst beim Zusehen richtig Spaß gemacht und auch etwas in den Äugelein gebrannt. Sogar loki kam dann noch zu einem Schlückchen (besser bekannt als UWE**) vom Siegersekt. Wir hatten es mit vereinten Kräften zum ersten Teamsieg geschafft und mit vereinten Kräften haben wir das im Anschluss auch gefeiert.

Tag 3 – Warmups und 3 Rennen
Nach einer kühlen und mal wieder viel zu kurzen Nacht, waren wir im Fahrerlager nicht nur langsam bekannt wie die sprichwörtlichen bunten Hunde, was mit Sicherheit zum Teil auch an unseren ziemlich auffällig lackierten Brenneisen lag, wir waren auch bereit und hungrig auf mehr Erfolg. Die Chancen dafür waren da, denn für loki standen für den heutigen Sonntag 2 und für el Mecanico 1 weiteres Rennen auf dem Plan. Die 10-minütigen Warmups waren dagegen kalter Kaffee. Apropos Kaffee… Den leckersten im ganzen Fahrerlager haben wir in Stephan Lange’s Zeltlager aus stilvollen Einweg-Sektflöten kredenzt bekommen. Tommy Hofmann hatte sich zu einer derartigen Einladung hinreißen lassen und seine Freundin Bianca tat alles für den würdigen Vollzug. Herzlichen Dank Ihr tollen netten Menschen Ihr!

Um 10:10 Uhr schlug die erste Stunde der Wahrheit nun für unseren Italo-Racer. Es war trocken und ab und zu sogar wirklich sonnig an diesem Sonntagvormittag. Ohne großes Tamtam war loki rechtzeitig auf Gesamtrang 17 von 32 (Mitte-Mitte) und Pro Thunder – Position 11 von 19 in der Startaufstellung vor Anker gegangen. Seine Startegie (Achtung Wortspiel!) war, sich vor dem Spurt hoch zum Buchhübel möglichst nach außen zu schieben um den Pulk der Vorausfahrenden eventuell, wie schon so manchen Mal gelungen, in Kurve 1 außen zu überrollen. Leider ging dieser Plan nicht auf und so wurde es eng am Ende der Start-Ziel-Geraden. Dem Gewirr ungeschoren entkommen, sortierte sich das Feld recht zügig. Nach einigen kleinen Grabenkämpfen mit Micha Lutz, ebenfalls auf Aprilia RSV Mille unterwegs war es Micha Becker auf seiner 675er Daytona, der für das Salz in der Rennsuppe sorgte. Ihm war Mitte des Rennens offensichtlich der korrekte Streckenverlauf aus dem Sinn gekommen, denn die Spitzkehre kann man zwar auch Abkürzen, sollte man aber nicht. So grummelten der Anglo-Triple samt Fahrer im Chor, als sie die beiden bella Maccinas (Micha Lutz gefolgt von loki) vorbeidonnern sahen. Den Anschluss fand Kamerad Becker recht zügig, die Tür auf dem Weg vorbei an den Italo-Raketen blieb ihm allerdings verschlossen. Der Zieleinlauf für das dynamische Trio war also 10 Lutz, 11 loki, 12 Becker. Das bedeutete weitere 5 Punkte auf der Habenseite für unseren Aprilia-Akrobaten.

In direkter Folge klatschten die beiden RSRP-Piloten auf dem Weg von und zur Strecke ab, denn el Mecanico war mit Rennen 2 an der Reihe. Brunhilde trug inzwischen wieder die profilfreien Socken. Unserem Honda-Heizer war bereits vor dem (Trocken-)Rennen klar, dass er mit Brunhilde’s anhaltender Stotterei diesmal nicht würde gewinnen können aber er wollte trotzdem alles rausholen was rauszuholen war. Sein Vorstart war besorgniserregend. Trotz guter Reaktion beim vorbeifliegenden Fahnenschwenker zog Johnny Rasmussen recht locker vorbei. Er hatte bereits am Vorabend erwähnt, dass seine PC25 beängstigend viel Qualm hätte aber damit hatte el Mecanico offensichtlich beim besten Willen nicht gerechnet. In der Warmup Lap bekräftigte Johnny, dass er heute sehr angriffslustig und nicht gewillt war, mit großen Gesten Geschenke zu verteilen. In el Mecanico’s Kopfprotektor schrillten folglich die Alarmglocken. Er wusste, dass in diesem Rennen der Wahnsinn in Schräglage von Nöten sein würde, um überhaupt aus dem Schneider zu kommen.

Der Start gelang unserem Alteisen-Treiber in gewohnt guter Manier und so konnte er Johnny sowie die anderen Verfolger erfolgreich hinter sich halten. Er versuchte im Lorenzo-Stil direkt von der ersten Runde an den Rest des Feldes mit schnellen Runden unter Druck zu setzen. Doch el Mecanico kämpfte mit stumpfer Klinge. Nach einigen Runden wurde er von Patrick Gleim, ebenfalls auf CBR 600, eingeholt. Nach einigen Runden zeigte sich Patrick immer mal wieder am Ende des schnellen Abschnitts die Seng hinunter, wo el Mecanico immer wieder auf der Bremse parieren konnte. „Das jat ein paar Runden lang richtig Spaß gemacht.Ich habe mich immer wieder vorbei gebremst bzw. nach vorn gebremst.“ In der rechts vor der Spitzkehre war Patrick sogar schon zweimal an unserem Honda-Treiber vorbeigeflogen aber dieser hatte ihn bis zur Spitzkehre wieder auf der Bremse eingeholt. Da zahlen sich die 330er Sushiplatten dann eben aus. Gegen Rennende sind die beiden Kampfhähne dann auf Kevin Wendelken (750er GSX-R) aufgelaufen. Mit dem hatte el Mecanico einige Runden zuvor bereits Bekanntschaft gemacht, weil sich mit ihm herrumschlagen. Die 750er ist auf der Geraden einfach eine Macht. Da hatte die schüttelnde Brunhilde nichts dagegenzusetzen. Patrick nutzte die Gelegenheit, fuhr einen sauberen Strich und ließ unserem el Mecanico keine Konterchance. Nach wenigen dann nicht mehr wirklich spektakulären Schlussrunden beendete unser Honda-Treiber ein insgesamt gelungenes Rennen auf F2-Rang 2.

Es kam der Sonntagnachmittag und er brachte abermals den kleinen Grünen Gesellen im Gurkenglas in Lagerfeuerstimmung. Das zweite Rennen der Gladius Trophy wurde auf Kosten einer kleinen Pause um 10 Minuten nach hinten verschoben, um wenigstens einem Teil der Starter die Chance zu geben auf Regen umzurüsten. Loki war mit seinem Paddock-Racer zur Tribüne bei Kurve 1 gerollert, um die Szenerie auszuloten. Der Reifenpoker war eröffnet. Wäre unserem V2-Treiber nicht glücklicherweise eins der größten deutschen Motorradrennfahrertalente Tim Holtz über den Weg gestolpert, hätte loki’s Fazit eventuell anders gelautet. Dank Tim’s Ratschlag stand die Entscheidung aber felsenfest. Same procedure as yesterday James! Umbau auf Regen!

Noch beim Zurückrollern schallte der erste Aufruf für die Pro Thunder AllStars über die Stadionlautsprecher. Lenz Leberkern und Fifty (unser Freund aus der IDM) flachsten in ihrer Kommentatorenkabine noch über mögliche Szenarien bei abtrocknender Strecke als loki und el Mecanico im Prinzip Zeuge einer Änderung in der Matrix wurden, sprich ein Deja vu vom Vortag erleben mussten. Trotz diesmal komplett vorhandener Regenräder und aufgrund nebliger Vorahnung platzierter Werkzeuge, schienen die Aufrufe für die Allstars in deutlich kürzerer Abfolge zu ertönen als die für die ClassiX gestern. Hände, Räder, Steckachsen, Werkzeuge und Bremssättel flogen in verwaschenen Bahnen unterm RSRP-Pavillon in Pfeilesschnelle zuerst von und kurze Zeit später wie in schnellem Rücklauf wieder an ihre Positionen zurück. Der dritte Aufruf war bereits deutlich verstummt, als unser Mille-Pilot endlich in seine Tierhaut geschlüpft war und sein Kopf in seiner Schubert-Murmel steckte. Und dann das: Der Druck auf den Startknopf kurbelte den Rotax-Zwilling zwar mühsam an, doch der Treibsatz zündete nicht. Lag es an der LiPo-Quelle, die loki wenige Stunden zuvor bei MV-Yves (Kauz) abgestaubt und zum letzten Rennen testweise verschraubt hatte!? Wir werden es nie erfahren. Kurz bevor loki seine Italo-Zicke angezündet und mit glühenden Augen im Fies grinsenden Gesicht und dem Lagerfeuerfrosch in der Hand um ihren glühenden Aschehaufen hätte tanzen wollen, zog el Mecanico ein Wundermittel aus seiner Zarges-Box. Es lebe der Bremsenreiniger!!! Zündung! Attacke!

Auf dem Weg zum immernoch pitschnassen Dreieck folgte eine weitere Geduldsprobe auf loki, dem gerade jetzt einfiel, dass seit Hockenheim 2015 keine Sau den Luftdruck seiner Regenreifen geprüft hatte. Ein violetter Golf III Variant schnarchte vor unserem Italo-Racer durch die sorgsam von der Rennleitung platzierten künstlichen Schikanen auf dem Verbindungsweg zwischen den Fahrerlagern. Knapp 150m vor loki kreuzte Jonas durch die Fluten und sogar noch hinter loki teilte Franky Claussner sein Leid auf seiner 2-Ventil-Rakete. Allesamt waren sie für die Einrollrunde zu spät am Boxenausgang angekommen. Nach der Info von Micha von Bike Promotion, dass sie ihre Startplätze dadurch nicht verloren hätten, durften die 3 Recken dem Feld bei grünem Lichtsignal in die Warmup Lap nacheilen und sich in deren Folge tatsächlich auf die Plätze 3 (Jonas), 7 (Franky) und 17 (loki) einordnen.

Loki’s Startegie (!) war im Regen dieselbe wie in Rennen 1. Aufgrund eines in der Spitzkehre der Warmup Runde notwendig gewordenen schnellen, harten Bremsmanövers war loki’s Vertrauen in die Regenpneus sprunghaft um mehrere Potenzen gewachsen. Wir wollen an dieser Stelle nicht vergessen, dass loki’s erstes Regenrennen im Oktober 2013 in Oschersleben nach einem Sturz in Runde 1 bereits vorbei und jegliches Zutrauen in regennasse Rennstrecken damit nahezu ausgelöscht war.

Die Ampel war erloschen und das Feld von Gischt umsprüht unaufhaltsam im Sturm auf Kurve 1 begriffen. Endlich zündete loki’s Joker. Die Linie von ganz weit außen hinein in die hubbelige erste Dreiecksecke war frei und trocken. Unser Donnerkapitän schrabbelte mit ordentlichem Überschuss an 5 oder 6 Apex-Jüngern, die sich am kurveninneren Randstein versammelt hatten, spielerisch vorbei. Beim Aufstieg hoch zum Buchhübel waren bereits die nächsten Opfer zurechtgelegt und beim Umlegen hinter der blinden Ecke war der nächste Konkurrent geschnappt. So pflügte der verschmitzte loki mit breitem Grinsen im Visier besonders auf den ersten Kilometern durch das Donnerfeld, wie Thor mit seinem Streitwagen durch die Sterne am Nachthimmel. Jede Bewegung des Motorrads spürend, jeden Rutscher transparent im Handgelenk sensierend erfuhr loki zum ersten Mal in seiner inzwischen 4-jährigen Rennfahrerlaufbahn den Spaß am Regenfahren. Gegen Ende, als langsam Hans Paßberger auf seiner orangenen Weka-Ducati auf loki’s Leinwand immer größer wurde, als Jonas seine 999 bereits seit einigen Runden im Maisfeld vergraben hatte und auch Rolf Kaben (ebenfalls auf RSV Mille) irgendwo aber nicht auf der Strecke geblieben war, trocknete die Triangel Stück für Stück ab. Jetzt musste auf die Reifen geachtet werden. Eine Runde nach der anderen flog vorüber und loki war wie im Rausch als die karierte Flagge seinen Flow durchbrach. Das erste Mal in Schleiz war er offenbar so weit nach vorne gefahren, dass er sogar an der Ehrenrunden teilnehmen durfte. Alle Zuschauer winkten ihm zu und alle Streckenposten zeigten ihm den erhobenen Daumen und klatschten. Sogar Jonas, das Erdmännchen aus dem Maisfeld, stand am Streckenrand und applaudierte. Die Anspannung hatte sich mittlerweise in Tränen der Freude und Erleichterung aufgelöst und loki war mit sich und der Welt im Einklang.

Zurück im Fahrerlager war das RSRP-Zeltlager verlassen. Der erste, den loki traf, war der große Philipp. „Ich bin stolz auf Dich mein kleiner!“ waren seine Worte. Loki hatte zwar immernoch keine Ahnung wo er angekommen war, aber es musste um einiges besser sein als Platz 17 bzw. 11. Soviel war mal klar. Es wurde zur Siegerehrung gebeten. Erst kurz vor der Zeremonie für die Pro Thunder bekam loki das offizielle Rennergebnis in die Finger. Platz 6 gesamt. Platz 4 in der Pro Thunder. Fünftschnellste Rennrunde gesamt. Nur 3 schnellere Piloten hatten das Ziel gesehen. Der Wahnsinn!

Bilanz: 18 Punkte für loki, (unglaubliche) 45 Punkte für el Mecanico und eine leise Ahnung, was das Fehlerbild an unseren Rennziegen angeht gepaart mit großer Vorfreude auf das Festival Italia. Danke und Gruß an alle Beteiligten!

* Lars Lindenberg hat seine Ducati TT 750 (#511) in Runde 3 nach einem Sturz am Maisfeld sehr geschickt auf dem Lenker angelegt (s. Foto)
** Unten Wird’s Eklig