Sturm und Drang in Schleiz – German TT 2015

Ein erheblicher Teil der 4-wöchigen Vorbereitung auf die German TT war die Instandsetzung von Brunhilde’s Gfk-Kleidchen, das nach dem Festival Italia einer ordentlichen Grundsanierung bedurfte. Getreu nach dem Motto „Wenn schon, denn schon!“ ergriff el Mecanico die Gelegenheit und tätowierte seiner CBR gemäß den Statuten das neue Team-Design auf die glasfaserverstärkte Kunststoffhaut. Bei loki’s Betty standen eher die inneren Werte auf der ToDo-Liste. Seit dem ersten Trainingsturn beim Festival gab es erhebliche Probleme mit der Kraftstoffinfusionseinheit. Loki war zuversichtlich, das Thema mit einer getauschten Kraftstoffleitung und neu kalibrierter Drosselklappe zu den Akten gelegt zu haben.

Stolz die Vorbereitungen zur German TT auf dem Schleizer Dreieck rechtzeitig und erfolgreich abgeschlossen zu haben, fuhren wir am Donnerstagnachmittag los nach Schleiz. Bis auf einen leicht verspäteten Start lief die Anreise erfreulich problemfrei. Im unteren, schön asphaltierten Fahrerlager der traditionsreichen Thüringer Naturrennstrecke angekommen, war es zwar noch hell aber dennoch schon zu spät für Anmeldung und technische Abnahme. Dieser Umstand zog allerdings nur unserem Aprilianer loki die Mundwinkel nach unten. Während er seine im Mai 2014 begonnene Dreiecksbeziehung schon am Freitag auffrischen wollte, hatte el Mecanico an diesem Tag im näheren Umkreis geschäftlicher Tätigkeiten nachzugehen. Unser Schleiz-Neuling sollte die Entdeckung des hiesigen Landstraßengeschlängels erst am Samstag während der Qualifikationsläufe zu den Rennen erleben dürfen. Es blieb schlussendlich der Aufbau der teameigenen Wochenendresidenz, in dem, wie gewöhnlich, unser treuer Apollo13 den Ankerpunkt für die beiden Pavillons bildete. Während der Bauarbeiten hatte sich der Schleier der Nacht über die Schleizer Hügel gelegt. Wir begaben uns zur Ruhe.

Tag 1 – Freies Training
Wie so oft war es loki, der als erster den Weg vom Nachtlager hinaus in die noch frische Morgenluft fand. Mit Duschutensilien gewappnet erleuchtete er zunächst el Mecanico’s Schlafpavillon, bevor ihn sein morgendlich schlurfender Gang gen Duschcontainer führte. Loki’s Plan war noch vor dem Frühstück an Anmeldung und Abnahme einen Haken zu machen, um zum ersten Turn fix und fertig präpariert ausrücken zu können. Gesagt getan! Leider musste unser V2-Lenker feststellen, dass er nicht der einzige war, der seinen geheimen Plan mitgehört hatte. Vor der Anmeldung, die ab 07:00 Uhr geöffnet war, befand sich bereits eine erhebliche Schlange. Nach etwa 25 unendlichen Minuten des Anstehens bemerkte loki Wolf Töns im Rennbüro. Wolf erledigte die Formalitäten für Art Motor und war gerade ohne Kundschaft. Die Erlangung von Laufzettel zur Abnahme und Transponder war reine Formsache und folglich schnell erledigt. Die Schlage vor der „TÜV-Halle“ war glücklicherweise nicht ganz so lang. Zur Fahrerbesprechung, die um 07:30 Uhr auf dem Zeitplan stand, verspätete sich loki nach bestandener Fahrzeugprüfung um ca. 5 Minuten. El Mecanico hatte, bereits im Dienste seines Arbeitgebers, das Fahrerlager zwischenzeitlich verlassen.

Nach den Ausführungen zu Strecke, Ablauf und Flaggensignalen zeigte das Zeiteisen inzwischen 08:05 Uhr an. Loki befand das für genau den richtigen Zeitpunkt, um 10 Minuten vorm ersten eigenen Trainingsturn zu bemerken, dass er seine Reifenwärmer in der Teamzentrale im 350 km entfernten Marbach a.N. hatte liegen lassen. Das erste Training war also gelaufen. Glücklicherweise hatte sein Teamkollege ja 1 Paar Heizdecken im Gepäck. Nach kurzer Rücksprache war das OK eingeholt und Betty’s Socken in ungewohnte aber wohl temperierte Farben gekleidet. Für den Rest des Wochenendes musste jedoch eine andere Lösung gefunden werden. Nach fixer Konversation nahte Florian zur Rettung. Er brachte zu loki’s großer Freude die Ersatzwärmer seines Vaters Steffen, unserem Freund von Popp Racing, vorbei, die bis Sonntag verfügbar waren. Dafür an dieser Stelle nochmal ein dickes Dankeschön!

Die erste Hürde überwunden, ging es für unseren Donnerkapitän nun auf zum ersten Tanz. Loki musste feststellen, dass die Erinnerung an den Streckenverlauf über die letzten 14 ½ Monate kleine Lücken bekommen hatte. Die Winkel hinter den blinden Ecken des Dreiecks waren gedanklich nicht mehr 100%ig genau abrufbar. Erschwerend kam hinzu, dass loki das Thema „Kraftstoffinfusionseinheit“ wider Erwarten noch immer erhebliche Probleme bereitete. Beim Herausbeschleunigen aus den zahlreichen Schräglagen ruckelte und zuckelte es im Oberösterreichischen Treibsatz. An rundes und harmonisches Fahren war so nicht zu denken. „Im ersten Moment drückt das Ding mit so einer Urgewalt nach vorne, dass Du glaubst, Dir reißen gleich die Arme ab und in der nächsten Sekunde is fast Schubbetrieb…“ war später loki’s Kommentar dazu. Zurück im Fahrerlager klemmte loki als erste Maßnahme direkt wieder den Schaltautomaten ab. Noch vor 4 Wochen in Oschersleben brachte das eine erhebliche Verbesserung. Etwa eine Stunde später war das Problem leider noch immer vorhanden. Betty schien mit ihrem Piloten zu leiden. Zurück im Paddock weinte sie als Zeichen Ihrer Anteilnahme ein kleines Rinnsal feinsten Kühlwassers auf ihre Stellfläche. Auch das noch! Neben der Umrüstung auf die alt bewährten Serieneinspritzdüsen, die ab jetzt wieder die offene Dusche ersetzen sollten, tauschte Loki den verbauten gegen einen Kühler aus der Sturzteilreserve. Die Venezianerin wieder rechtzeitig komplettiert und verkleidet, sollte nun Turn 4 folgen. Jetzt war es der Diva wohl zuviel geworden. „Turn 4… Ohne mich!“ schien sie zu denken, während sie trotz mehrerer Startversuche, teilweise sogar unter Einsatz von Startpilot, nicht anspringen wollte. Loki verpasste folglich bereits den zweiten Trainingslauf dieses Tages.

Dank der Erfahrungen, die er beim Festival machen musste, überlegte loki die nächsten logischen Schritte genau. Seine Probleme musste er noch heute in den Griff kriegen und sich dabei möglichst Optionen zur Entdeckung des eigentlichen Fehlers offen halten. Die erste Konsequenz war, die Serieneinspritzung ohne den Powercommander-Umweg vom Seriensteuergerät befehligen zu lassen. Das funktionierte. Turn 5 war der beste Lauf des Tages. Loki kam dank nun berechenbarem Motorlauf, trotz eines Hinterradrutschers ausgangs der Stadtschikane mit seiner schnellsten Runde von 1:42.02 Minuten bis auf 3 Zehntel an seine persönliche Bestzeit aus 2014 heran. Fürs letzte 20-Minuten-Training lötete unser V2-Treiber Stecker im Kabelbaum so um, dass er beide Einspritzsysteme mit der Serienelektronik ansteuern konnte. Turn 6 diente nun zur Erprobung der unter den gegebenen Umständen optimalen Gemischaufbereitung. Betty machte auf loki einen nicht so gelösten Eindruck wie noch eine Stunde zuvor. Die erreichte Rundenzeit, wie auch der subjektive Fahreindruck machte loki die Entscheidung für das Setup aus Turn 5 leicht. Er baute zurück und ging mit der Turn5-Konfiguration in die Renntage.

El Mecanico war inzwischen auf dem Rückweg zur Thüringer Landstraßentriangel für kleinere Besorgungen bei einem Baumarkt eingekehrt. Bevor er sich mit uns und unseren Gästen Steffen und Florian dem gemütlichen Teil des Abends zuwenden konnte, musste er an einer Zapfstation noch hochoktaniges Raffinat aufnehmen. Die Seemine stand bereits in Flammen und kühles Bier auf dem Tisch, als das Team gegen 19:00 Uhr wieder komplett war. Wenn es schnell ginge, könnte unser Hondapilot vorm Essen vielleicht noch die für sein Rennwochenende notwendigen Formalitäten erledigen. Als el Mecanico auf Brunhilde zur Anmeldung und Abnahme ins obere Fahrerlager aufbrechen wollte, trat der zweite Fall von Inkontinenz zutage. Den Versuch ihren Reihenvierling zu animieren, quittierte die die kleine Japanerin mit spontanem Spritverlust. So kam es, dass statt des erhofften gemütlichen Tagesteils nun erneut ein Schraubereinsatz ins Haus stand. El Mecanico übte sich in der Folge im Multitasking. Er grub sich durch die Hondainnerein und zerschraubte seine Sushi-Rakete bis auf die Grundmauern. Gleichzeitig nahm er frisch Gegrilltes und feinherbes Gebrautes zu sich. Während alle noch aßen und tranken umringte sich unser CBR-Jockey mit allerlei Werkzeug und Motorradteilen. Eine Vergaserbatterie flog auf den Esstisch. Hier lag die Ursache. Es handelte sich um eine Undichtigkeit an der Schnittstelle zwischen den beiden rechten Flachschiebereinheiten. Hitze- und mineralölbeständige Dichtmasse kam zum Einsatz. Inzwischen künstlich beleuchtet, ging es gegen 22:30 Uhr wieder an den Zusammenbau. Schlussendlich war es deutlich nach Mitternacht, als el Mecanico seinen Pavillon zur Nachtruhe von innen verbarrikadierte. In den letzten Stunden war es langsam aber sicher windig geworden. Für Samstag gab es eine amtliche Sturmwarnung.

Tag 2 – Qualifying und 1 Rennen
Um 06:45 Uhr war eine unruhige Nacht vorbei. Schuld daran waren nicht zuletzt unsere offenkundig partyhungrigen Augsburger Fahrerlagernachbarn. Nach der Morgentoilette und dem üblichen Rennfahrermüsli gab es um 07:30 Uhr für alle Fahrer eine weitere Fahrerbesprechung. Hierbei wurde nochmals auf die Sturmwarnung aufmerksam gemacht. Zurück im Fahrerlager stimmte sich das Team mit einem Blick auf den frisch aktualisierten Zeitplan auf den Tag ein. Die Qualifyings der ProThunder Allstars, bestehend aus den Klassen ProThunder, ProThunder Open, Supertwins, ProBears und somit knapp weniger als 50 Fahrern und die Läufe der TT SuperClassiX Open, F1 und F2 nebst Classic und VintageBears sowie ClassicSam mit etwas unter 40 Teilnehmern sollten in gemischter Reihenfolge stattfinden. Die ProThunder-Klassen würden jeweils ein Rennen an Samstag und Sonntag fahren, während die Alteisenreiter beide Rennen des Wochenendes am Sonntag absolvieren sollten. Die Qualifikationsläufe aller Klassen waren für den heutigen Samstag terminiert.

Fürs Team war loki’s Q1 der erste Turn des Tages. In Runde 3 blieb unser ProThunder-Pilot in der Spitzkehre nach der Seng, wie bereits am Vortag in Turn 6, mit dem linken Knie im inneren Rasengitterrandstein hängen. Am Freitag hatte das Rasengitter mal kurz nach dem Schleifer geschnappt und loki nochmal ohne weiteres davonkommen lassen. Heute, wo es Ernst wurde, war auch der grobporige Kurveninsasse auf Krawall gebürstet und fasste dieses Mal etwas fester zu. Als loki in der Start/Ziel-Schikane auf Klett schliff, war klar, dass es das mit Q1 gewesen war. Er lenkte seine Black Betty ohne Umwege in die Box und stellte sie zu Brunhilde unters Zeltdach. Es folgte eine fußläufige Expedition durchs Unterholz. Ziel des Spaziergangs war der Streckenposten an der Spitzkehre. Dort angekommen bat unser Apriliatreiber um Herausgabe des abkömmlichen Gleitpads. Er hatte Erfolg.

Q2 konnte also kommen. Betty frisch betankt, den Akku geladen und mit beiden Schleifern an Ort und Stelle ging’s erneut ab auf die Strecke. Loki triangulierte Runde um Runde zügiger um den Landstraßenkurs. Je ein Hinterradrutscher an den Ausgängen der Stadt- und der Start/Ziel-Schikane trieben loki das Adrenalin in die Augen. Sein Blick war gegen Ende des Laufs so auf die faszinierende Rennstrecke fixiert, dass er die karierte Flagge vollkommen übersah. Auch die gelben Flaggen Ende Start/Ziel kamen ihm nicht verdächtig vor. Erst als ein Streckenposten mit roter Flagge in loki’s Gesichtsfeld trat, war ihm klar, dass er demnächst den Bremsvorgang einleiten sollte, um die Ausfahrt ins obere Fahrerlager nicht zu verpassen. So hart hatte er hier noch nie gebremst. Geradeaus war der verbleibende Asphaltstreifen schon zu knapp um noch vorm Grünstreifen, der Rennstrecke von Rettungsweg trennte, an eine unfallfreie Kursänderung zu denken. Loki beschloss die Bremse aufzumachen, mit gezogener Kupplung über den Grünstreifen zu räubern und den Rest an Geschwindigkeits- und Kurskorrektur auf dem Rettungsweg vorzunehmen. Der Plan ging auf und das Manöver glimpflich über die Bühne. Jonas Heinrich von Desmo Racer Oberpfalz, einer von loki’s Klassenkameraden, fuhr auf seiner Ducati 999 kopfschüttelnd hinterdrein. Mit offenen Visieren tauschten die Zwei ihre situativen Eindrücke aus. „Was machst Du denn? Hast Du die Flaggen nicht gesehen“ fragte Jonas aufgeregt. Loki darauf: „Nee Mann! Ich war noch voll im Tunnel…“

Als es auf die Mittagszeit zuging, war eine nochmals deutliche Zunahme der Luftbewegung zu bemerken. Die Böen wurden so stark, dass wir sämtliche Seitenwände aus den Pavillons entfernen mussten. Anderenorts wurden sogar die Zeltdächer abgebaut und nochmal woanders waren Pavillons und Zelte gleich gänzlich von der Bildfläche verschwunden. Unter diesen Bedingungen bekam das Treiben auf der Rennstrecke nochmal eine ganz andere Qualität. Als loki zu seinem Q3 aufbrach, zerrten Sturmböen heftig an allem, was nicht niet- und nagelfest war. Der Wind machte unserem Aprilianer besonders auf dem Buchhübel und auf der Kuppe zwischen Stadtschikane und Seng zu schaffen. Die in Geradeausfahrt vielmals nötigen Kurskorrekturen nagten an loki’s Performance und ließen daher keine schnellen Rundenzeiten zu. Genau aus diesem Grund und auch um Kraft fürs erste Rennen zu sparen, beendete loki Q3 vorzeitig. Als Indikationszeit für seinen Startplatz musste folglich die beste Runde aus dem zweiten Qualifying herhalten. Immerhin handelte es sich dabei um eine 1:41.477, mit der loki sich auf Platz 6 in seiner Klasse und Gesamtrang 13 im ProThunder/Open-Feld einsortierte.

In Reihe 5 ganz außen an der Boxenmauer kurbelte loki wenig später voll am Gas-Haupthahn. Der direkt vor ihm positionierte Pilot auf Startplatz 10 war wohl ein paar Zehntel zu spät aus dem Mittagsschlaf erwacht. Loki’s anfangs guter Vortrieb versiegte sehr früh, weil zwischen der Meute vor ihm und der Boxenmauer zu wenig Platz zum Überholen frei war. Einige Fahrer zogen innen vorbei. Jedoch schien kein ProThunder-Pilot loki passiert zu haben. So ging es für unseren V2-Treiber, weiterhin auf Platz 6 liegend, ganz außen um Kurve eins und durch die blinde Links oben auf dem Buchhübel. Diese Linie mag er. Wie auf einer Perlenkette aufgezogen brannte das Feld bergab auf die Stadtkurve zu. Alles war glatt gegangen und das Rennen nahm Fahrt auf. In Runde 3 bremste sich Jonas in Anfahrt auf die Stadtkurve an loki vorbei. Die beiden Racer waren fast gleich schnell und es entbrannte ein spannendes und enges Rennen um Platz 6. In Runde 10 war es Jonas, der in der Seng außen herum von loki überholt wurde. Diese Runde war mit 1:40.567 gleichzeitig loki‘s schnellste Rennrunde. Platz 6 vor Augen und Jonas schon einige Meter enteilt geschah genau eine Runde später das Unfassbare. Genau an der Stelle, an der er Jonas noch vor einer Minute und 40 Sekunden überholt hatte, musste loki ohne Vortrieb den Arm heben und Betty in den Notausgang an der Spitzkehre lenken. Ihm war ca. 500m vorm Zieleinlauf der Sprit ausgegangen. Loki ärgerte sich maßlos über sich selbst. Warum hatte er den Kanister nicht noch 2-3 Sekunden länger hochgehalten?! Unter größter Anstrengung schiebenderweise beim Streckenposten angekommen, musste loki nicht lange auf’s Rennende warten, bevor der Lumpensammler ihn Huckepack nahm und über einen recht zerfahrenen Waldweg zurück gen Fahrerlager brachte. Dort angekommen, waren ihm für den Rest des Tages Hohn und Spott der Racergemeinde sicher. Einen Spritverbrauch von gut 7,5 Litern auf 48 km konnte loki einfach nicht vorhersehen…

Zum ersten Mal in seiner noch jungen Rennfahrerkarriere sollte El Mecanico nun auch die seltene Gelegenheit bekommen, die Schleizer Landstraßen K552, L3002 und „Am Schleizer Dreieck“ auf einem beslickten Rennmotorrad erkunden zu dürfen. Sein erster Turn war gleichzeitig auch sein erstes Qualifying. Die durch loki beschriebenen blinden Kurven und das mutmaßlich niedrige Gripniveau trugen dazu bei, dass el Mecanico sich anfangs überhaupt nicht wohlfühlte. Er war gut beraten, es langsam und bedächtig angehen zu lassen. Über eine 1:52er Rundenzeit kam unser Hondarist folglich nicht hinaus.

In Q2 lief das schon ganz anders. Als hätte er einen Schalter im Kopf umgelegt, machte ihm die Strecke plötzlich richtig Spaß. Auf einen Schlag war das Vertrauen in Brunhilde und die Reifen wieder vollkommen hergestellt. Mit der neu gewonnenen Sicherheit drückte el Mecanico seine Rundenzeiten nun auch bereits in die Region um 1:50 Minuten. Das war mehr, als er erwartet hatte.

El Mecanico’s dritter Qualifikationslauf wurde bereits in einer der ersten Runden wegen eines Unfalls abgebrochen. Ralf Teller, einer der schnellen Leute aus el Mecanicos F2-Truppe war gestürzt und musste samt Gerät von der Strecke gezogen werden, bevor Q3 weitergehen konnte. Loki hatte sich zwischenzeitlich auf der Tribüne auf dem Buchhübel in den Wind gesetzt, um ein paar Fotos zu schießen. Kurz nach der Unterbrechung wurde der Lauf neu gestartet. Zwei Runden nach dem Neustart hatte el Mecanico in der unüberschaubaren Ecke auf dem Buchhübel eine kleine Meinungsverschiedenheit mit einem Niederländischen Guzzi-Piloten. Unser CBR-Pilot fuhr direkt innen neben der Guzzi mit der Startnummer 550 in die Kurve ein. Von der Tribüne aus, sah man tatsächlich zuerst nur ein Motorrad um die die Ecke kommen. Die Guzzi war weit außen und verdeckte el Mecanico auf Brunhilde fast vollständig. El Mecanico dachte wohl, dass der Niederländer außen bleiben würde und versuchte innen durchzugehen. Der Guzzi-Fahrer kam dann auf einmal doch komplett nach innen und el Mecanico zuckte kurz die Gashand. Die Relativgeschwindigkeit zur 550 war dadurch dummerweise gegen Null gegangen. Nach einer kurzen Kabbelei, bei der durch einen kurzen aber nicht zu vernachlässigenden Kontakt Brunhildes Kimono rechtsseitig einen Knax bekam, spurte die Guzzi tangential durchs Kiesbett und kam an dessen Ende bei geringer Geschwindigkeit zu Fall. El Mecanico hingegen konnte seine Linie halten und die Linkskurve erfolgreich hinter sich lassen. Erst nach dem Turn wurde ihm klar, dass die Nummer 550 nach der Aktion auf dem Buchhübel gestürzt war. Sofort machte el Mecanico sich auf in die Tiefen des oberen Fahrerlagers um den Niederländer zu suchen und sich angemessen zu entschuldigen. Beide Männer kamen überein, dass es wohl um einen normalen Zwischenfall gehandelt hatte, wie er durchaus vorkommen kann. El Mecanico erntete Respekt für seine Entschuldigung und mit einer 1:48.8er Runde Startplatz 4 in seiner Kategorie.

Inzwischen war der Sturm ausgewachsen und hielt uns auf Drehzahl. Wir waren gezwungen alle Recourcen zu bündeln um wenigstens einen der Pavillons, nämlich el Mecanicos Nachtquartier, strukturell aufrecht zu erhalten. Es wurde abgespannt, verspannt und festgezurrt was das Zeug hielt. Nun angemessen wind- und sichtgeschützt endete ein ereignisreicher Samstag mit einem gemütlichen Grillabend und dem ein oder anderen hopfenhaltigen Kaltgetränk.

Tag 3 – Warmup und 3 Rennen
Die Nacht von Samstag auf Sonntag zum sollte noch unruhiger werden als die vorangegangene. Der Strum hatte mit der Dunkelheit nicht an Kraft verloren. Durch Apollo13’s löchrige Außenhaut hatte es über weite Strecken ordentlich gepfiffen und el Mecanico’s Traumpalast hatte unentwegt gequietscht, geklatscht und gejackelt. El Mecanico hatte nach eigener Aussage nicht mehr als 2 Stunden Schlaf genossen. Das große Los hatte er dabei mit seiner nagelneuen Campingliege gezogen. Diese war ca. 15 Minuten nach Zapfenstreich beim Umdrehen von einer Seite auf die andere mit einem unangenehmen Knarzen einseitig beinahe komplett eingerissen. Wieviel Pech kann man eigentlich haben?

Frühstück gab’s um 08:20 Uhr. Nach nächtlicher Auskunft durch el Mecanico, dem Hüter der Unterlagen, sollte loki’s Warmup um 09:05 Uhr beginnen. Um 08:50 Uhr stellte sich heraus, dass es sich bei el Mecanicos Aussage um eine Fehlinterprätation des Zeitplans gehandelt hatte. Loki war jetzt dran. Textil flog durch die Luft. In Windeseile war loki in zerschlissenes Leder gehüllt, schwang seinen Hintern auf Betty’s und zündete gen Boxengasse. Der Turn war für loki somit auf 8 Minuten eingedampft und ging ohne nennenswerte Ereignisse und Zeitverbesserung zu Ende.

Direkt im Anschluss wunderte sich loki, seinen Teamkollegen immernoch im Fahrerlager anzutreffen. Die ClassiX-Meute war bereits geschlossen startbereit in und vor der Boxengasse angetreten. Es wurde klar, dass der hektisch umherlaufende Hondarist etwas essenzielles vermisste. Seine Handschuhe waren scheinbar im Rumpelstilzchen-Style unauffindbar vom Erdboden verschluckt. Loki förderte die hohlen Lederhände schlussendlich 5 Minuten später zutage. So tat es el Mecanico wie 15 Minuten zuvor durch loki vorgemacht und verschwand kometengleich in Richtung Rennstrecke. Bis auf die anfängliche Aufregung verlief auch dieses Warmup mit der Bestätigung der Qualizeit vom Vortag ohne weitere Komplikationen. Das konnte man vom ersten ClassiX-Rennen nicht behaupten.

Nach der Einführungsrunde fand sich el Mecanico erneut auf seinem Startplatz in Reihe 7 an der Boxenmauer ein. Bevor die Ampel auf Rot schaltete entstand in Reihe 4 oder 5 plötzlich Unruhe. Augenscheinlich hatte ein Fahrer ein Problem mit seinem fahrbaren Untersatz. Ab Reihe 4 winkten inzwischen viele Fahrer mit den Armen und die Posten an der Boxenmauer schwenkten gelbe Flaggen. Auf einmal ging die rote Ampel an. Alle Fahrer vor und neben dem Unglücksraben fuhren bei Ampel aus sofort los. El Mecanico stand wie angewurzelt da und wusste nicht wie ihm geschah. Als der erste Starter von hinten an ihm vorbei fuhr, ging auch er ans Gas und flog los. In der ersten Runde war unser ClassiX-Pilot noch sehr verhalten unterwegs. Er rechnete mit einem Rennabbruch und folglich auch mit einem Neustart. Als die erste Runde rum war und el Mecanico die Start/Ziel-Gerade passierte, wurde ihm klar, dass er das Ding so zu Ende fahren musste. Leider hatte er bis dahin extrem viel Zeit auf die vor dem Stehenbleiber gestarteten Fahrer verloren. Bis zum Rennende schloss er zwar zusehends auf die vor ihm Platzierten auf, war was einen Platzgewinn anging jedoch chancenlos. Die Zielflagge sah er als ungefährdeter Vierter in der F2-Kategorie.

Im direkten Anschluss an die History-Truppe stürmten die ProThunder/Open-Piloten zum Sonntagsrennen auf die Strecke. Die Boxengasse war bereits leergefegt, als loki dort auftauchte. Durch große Armbewegungen der Streckenposten angetrieben, hetzte loki dem Feld gerade noch rechtzeitig hinterher. Der Rennstart gelang ihm hervorragend und brachte ihn sogar eine Position nach vorne. Ungefähr in der Mitte des Rennens wurden loki’s Unterarme langsam aber sicher fest. Das Betätigen der lenkerfesten Hebelage ging Kurve für Kurve schwerer von der Hand. Ab Runde 5, die mit 1:40.243 untypischerweise die schnellste des Rennens war, musste loki schwer kämpfen und ließ dabei Federn. Ein Mitstreiter nach dem anderen zog vorbei und davon. Darunter Jens Schmidt, der sich seinen Platz 5 zurückeroberte und erneut dieser Jonas. In Runde 9 war der Desmo Racer, noch deutlich in loki’s Sichtweite, als er unvermittelt in die Boxengasse abbog und offenkundig sein Rennen beendete. Hinterher berichtete Jonas von der Ölkontrolllampe, die mit ihrem Aufleuchten darauf hinwies, dass es ein kleines Problem gab. Eine Runde vor Rennende musste loki schlussendlich auch seinen sechsten Platz beinahe kraft- und kampflos aufgeben. Die Ausbeute hielt sich an diesem Wochenende für loki also in Grenzen.

Zu Rennen 2 kam el Mecanico extrem spät. Kurz vor Schließung der Boxengasse fuhren er und Bernd, der wie schon beim Festival Italia direkt neben uns campierte, sehr zügig und allein die Inlap und stellten sich im Feld an. Der Rennstart verlief problemlos und unser Reisbrenner konnte bereits vor der ersten Kurve 3 Mitstreiter hinter sich lassen. Auf dem Buchhübel wählte el Mecanico die bewehrte Außenlinie, die es ihm ermöglichte nächsten Kameraden beim Anbremsen der folgenden Rechtskurve aufzuschnupfen. Mit seinen schnellsten Runden des Wochenendes konnte unser Hondapilot die ersten paar Runden in Ralf Teller‘s Sichtweite bleiben und mitgehen. Loki, der auf der Tribüne das Online-Livetiming quälte, sah seinen Teamkollegen auf Platz 3 fahren, die App aber sprach von Platz 2. Was war da denn los? El Mecanico hatte ob der eiligen Gangart in Runde 4 zuerst einen üblen Verbremser in der Anfahrt auf die Stadtkurve und dann einen heftigen Hinterradrutscher im Ausgang der folgenden Schikane, den er zum Glück gerade noch abfangen konnte. Er schaute sich um und stellte fest, dass sein Hintermann weit weg unterwegs war und entschied sich vorerst für eine etwas gediegenere Gangart. „Ralf hätte ich definitiv niemals überholen können. Dazu fuhr der echt zu schnell.“ war später sein Kommentar. Wie nach Rennende klar wurde, hatte Ralf eine 20-Sekunden-Frühstartstrafe bekommen von der während des Rennens niemand wirklich wusste. So hatte el Mecanico‘s direkter Konkurrent 2 Runden vor Schluss einen für ihn ausreichend großen Abstand herausrausgefahren um doch noch auf Platz 2 zu landen. Schade für el Mecanico! Aber gut, er ist das gesamte Wochenende mit Köpfchen unterwegs gewesen und sitzen geblieben. Für seine Leistung erntete er Lob, Respekt und Anerkennung von allen Seiten. Sich hat er unerwartet ein riesiges Geschenk und sein Team stolz gemacht. Er durfte als dritter zum ersten Mal aufs Podium klettern und von dort aus seinen wohl verdienten Pokal in die Höhe strecken. Glückwunsch!