Zerplantes Saisonfinale – BIKEtoberfest 2015 in Oschersleben

Planmäßig und erstmals in diesem Jahr ohne nächtliche Schraubereskapaden am Vorabend machten wir uns am Donnerstagnachmittag auf den Weg ins 470km entferne Oschersleben (Bode). In den vergangenen Wochen war es in der Teamzentrale recht umtriebig zugegangen. Die Motodrom Masters hatten uns und unseren Renneisen einiges abverlangt und tiefe Scharten im Material hinterlassen. El Mecanico hatte Brunhilde aufgrund eines Nockenwellenschadens einen neuen Treibsatz implantieren müssen und loki war damit beschäftigt, Betty nach ihrer Leitplankenaffäre wieder gerade zu biegen. Glücklicherweise waren schlussendlich alle notwendigen Operationen termingerecht gelungen. Die Patientinnen waren zum Saisonabschluss zwar nicht vollständig genesen aber „fitgespritzt“.

Die Freude über die Fertigstellung unserer Lieblingsautobahn (A71) und den damit mutmaßlich einhergehenden Zeitgewinn war ebenso groß wie von kurzer Dauer. Ab Sangerhausen war das Glück bereits verflogen. Wir sahen uns 2 Bundesstraßensperrungen gegenüber und ließen die erhoffte halbe Stunde auf winkligen Landstraßen am Ostrand des Harzes liegen.

In der Motorsportarena angekommen, satellierten wir eine kleine Ewigkeit durchs Fahrerlager. Etwa ¼ der Fläche war für die Parallelveranstaltung des ADAC Mini Bike Cup gesperrt und die übrigen ¾ waren bis zum Bersten mit teilweise wild parkenden Fuhrwerken und Pavillons der angereisten Trainingsteilnehmer vollgepfropft. Nachdem unsere aufgerollte Elektronenader sich als zu kurz erwies, zogen wir nach einem kleinen Erkundungsspaziergang mit Stromkastencheck vom anfänglich favorisierten Quartierplatz notgedrungen sogar nochmal um. Wir befanden uns nun in den unheimlichen Untiefen des parkenden Chaos. Hier galt es unter Aufbringung unserer allerletzten Reserven den Aufbau unserer temporären Wochenendresidenz zu bewältigen. Gegen 00:45 Uhr am Freitagmorgen ließen wir unsere erschöpften Häupter endlich in die Kissen fallen.

Tag 1 – Freies Training
Tatsächlich hatten wir unser Wochenenddomizil nach den nächtlichen Irrfahrten am Vortag wohl am kältesten Plätzchen im Oscherslebener Fahrerlager aufgeschlagen. Nach den zu erledigenden Formalitäten und dem erfolgreich bestandenen Technikcheck hielt sich loki zum Start seines ersten Trainingsturns lieber an seinem warmen Kaffeebecher fest, als ins Leder zu springen. Die aktuellen Luft- und Asphalttemperaturen (7°C und 9°C) luden genauso wenig zur fröhlichen Zeitenjagd ein, wie der im Osten noch deutlich tiefstehende solare Feuerball. Es blieb also Zeit zum Wachwerden und für die mentale Vorbereitung auf Turn 2. Von Horizont zu Horizont blickten wir in tiefes und verheißungsvolles Himmelblau. Bessere Bedingungen standen also außer Frage.

Während wir uns mit Benzingesprächen warme Gedanken machten, schwanden el Mecanico’s Hoffnungen Brunhilde heute noch in die Arena zu führen. Er hatte sich im Vorfeld ob der unsicheren technischen Lage seiner Nippon-Rakete sehr kurzfristig für den Start beim BIKEtoberfest angemeldet und sah sich daher nun vollen Feldern gegenüber. Bezüglich einer Teilnahme am freien Training und der damit einhergehenden Möglichkeit Brunhilde auf Austauschherz und Nieren zu checken, gab es für unseren Hondapiloten leider wenig Hoffnung.

Loki hatte den V2 nach kleinen Anlaufschwierigkeiten inzwischen in Betrieb genommen und steuerte seine Diva gen Asphaltkringel. El Mecanico war in die Boxengasse geeilt um Betty nach 2 – 3 Umläufen auf etwaige Undichtigkeiten zu untersuchen. Nachdem der kurze optische Check beim Boxenstopp abgeschlossen war, folgte die aufschlussreiche Auswertung. Betty schien am linken Kühler leicht inkontinent zu sein und der Motor lief wie ein Sack Nüsse. Die in dieser Saison öfter auftretende italienische Zickigkeit war also wieder Programm. Nach einer weiteren Runde beendete loki seinen Trainingslauf vorzeitig. Zurück unterm Pavillon begegnete unser Aprilianer den Technikteufeln recht gelassen. Die zu treffenden Maßnahmen waren schnell abgeschlossen und stellten sich im nächsten Turn als erfolgreich heraus. Der Oberöstereichische Treibsatz lief nun erste Sahne und weiterer Kurzcheck in der Boxengasse lieferte die Erkenntnis, dass der Kühler seinen Inhalt nun bei sich behielt. Leider war loki’s Gruppe extrem voll. Nach dem Zwischenstopp wurde ihm daher durch die rot leuchtende Boxenampel bestimmt 5 Minuten lang der Wiedereintritt verweigert.

Im weiteren Tagesverlauf gab es bei loki Anlass zur Freude, da keine weiteren Probleme aufgetaucht waren. Die neue Bremse sowie Federelemente an der Vorderachse machten einen guten Job und die Fahrwerkseinstellung durch den Vorortservice vermittelte ein transparentes Fahrgefühl. Blöderweise waren die Fahrermassen in den Trainingsgruppen riesig, was seine Euphorie dann doch in Grenzen hielt. Das seit letztem Jahr erklärte Ziel, hier in der Börde endlich die 1:40er Marke zu knacken, war unter den herrschenden Bedingungen nicht ansatzweise erreichbar. El Mecanico hatte sich in der Zwischenzeit mit seiner Zuschauerrolle abgefunden. Nach der erfolgreichen Vergasersynchronisierung an Brunhilde hatte er mit hopfenhaltigem Kaltgetränk und Spiegelreflexkamera bewaffnet Stellung am Shell-S bezogen. Der Tag hätte so recht gechillt zu Ende gehen können, wäre da nicht der letzte Turn gewesen.

Gegen 17:45 Uhr ging es für loki zum letzten Turn auf die Strecke. Die Sonne hing westlich schon recht tief am Firmament. Als unser Apriliatreiber zum ersten Mal im Anflug auf die Tripple-Links begriffen war, spiegelten die dortigen Randsteine helle Flecken auf seine Netzhaut. Die ersten beiden Scheitelpunkte waren unter diesen Bedingungen kaum auszumachen. In Runde 3 fluchte Loki an eben dieser Stelle wie ein Kesselflicker. Hätte er bloß seinem ersten Impuls nachgegeben und den Turn ob der potenziellen Gefahr schon in Runde 1 abgebrochen. Dann wäre er jetzt nicht beinahe ins Heck des Letzten einer ca. 5 Mann starken im Blümchenpflückermodus dahincruisenden Gruppe gekracht. Um die nun nötig gewordene Vollbremsung durchführen zu können, musste Betty fix wieder in die Senkrechte positioniert werden. Diese Maßnahme bedingt allerdings unweigerlich das tangentiale Verlassen des zuvor angepeilten Kurvenradius. Da die Strecke aber nicht geradeaus führt sondern links abwinkelt blieb loki der Ritt durchs örtliche Kiesbett. Als die Kieselsteine unter ihm durchgeflogen waren, sah sich loki auf einer Wiese schlingernd einem schnell näherkommenden Reifenstapel gegenüber. Es war eine Entscheidung zu treffen: Ballerst Du gleich nahezu ungebremst aufrecht in die Reifen oder legst Du Dich lieber vorher hin und vermeidest so den umgekehrten Zarco?! Loki entschied sich gegen den Einschlag. Er legte sich nebst Pasta-Projektil bei einem Restspeed von gut 50 Sachen linksseitig ins Grüne.

Zurück im Fahrerlager war der Ärger über seinen überflüssigen Abflug bereits deutlich verflogen. Die Bestandsaufnahme förderte lediglich kleinere Kollateralschäden ans Tageslicht. Neben diverser Pflanzenteile fanden sich kleine Risse in der Frontverkleidung, die leicht mit Tapestreifen versorgt werden konnten. Auch das Geweih war schnell gerichtet. Die meiste Aufmerksamkeit erforderte der um beinahe 180° nach hinten verbogene Schalthebel. Dank des Schraubstocks von Beckel Fahrwerkstechnik war auch dieses Problem schnell geradegezogen.

Da in der Zwischenzeit aufgrund der angefallenen Richtarbeiten an loki‘s Italobike und der durchzuführenden Anmeldung und Abnahme auf Seiten el Mecanico’s der Abend langsam zur Nacht wurde, mieteten wir uns zwecks Einleitung der Grillgutgarung kurzerhand an die tolle Truppe rund um Krämer Motorcycles. Sie hatten in unmittelbarer Nachbarschaft ihren großzügig bemessenen Gasgrill gezündet und uns herzlich an Ihrer Tafel willkommen geheißen. Unser Abendmahl nahmen wir somit in bester Gesellschaft und bei netten Gesprächen sowie in Begleitung durch das ein oder andere Bierchen zu uns. Wenig später begaben wir uns zuerst unter fließendes Wasser und im Anschluss zur Ruhe.

Tag 2 – Qualifikation und Rennen 1 bzw. ½
Weil wir die bürokratischen Notwendigkeiten bereits am Vortag erledigt hatten, konnten wir gelassen in den Samstag starten. Für heute standen je 3 Qualifyings und ein Rennen für unsere Jungs an. Die ersten Quali-Läufe dienten mehr der Eingewöhnung als der Bestzeiterlangung. Besonders el Mecanico, der am Vortag zum Zuschauen verdammt gewesen war, hatte einige Einrollrunden nötig. Da es sich abermals um einen Morgen der kühlen Sorte handelte war falscher Ehrgeiz eh ein schlechter Wegbegleiter. Folglich blieb Q1 für beide RSRP-Piloten ohne Zwischenfälle und nennenswerte Rundenzeiten. Der Tag nahm langsam Fahrt auf.

Bereits in Q2 der zweiten Gruppe wurde klar, dass der Rennsamstag ein chaotischer werden würde. Als der Rettungsheli gelandet war, hatte das auch der Letzte verstanden. Auf diesem Wege gute Besserung an die Betroffenen. In der Folge wurden Zeitpläne im Minutentakt umgestrickt und Starterlisten erging es zeitweise nicht besser. Alles schien irgendwie aus dem Ruder zu laufen. Inmitten der Ereignisse musste unser Motto „ruhig Blut“ heißen. Wir versuchten uns nicht verrückt machen zu lassen und das Beste aus den Gegebenheiten zu machen. Mitten in dieser Phase erblickte loki Ralf Steinert, das Mastermind hinter dem Motorradmagazin „Fastbike“ in unmittelbarer Nähe unseres Lagerplatzes. Kurzerhand ging loki zu Ralf hinüber und drückte ihm gegenüber seine ehrliche Bewunderung aus. Ralf war und ist für loki so etwas wie der Bruce Lee der Textgestaltung und inspiriert unseren Schreiberling mit jedem seiner Berichte aufs Neue. Aus dem kurz gedachten Gruß wurde ein echtes Treffen mit Interviewcharakter. Ralf schnappte sich einen unserer Campingstühle, nahm damit unter el Mecanicos leerem Pavillon Platz und zückte seinen Notizblock. Während des angenehmen Gesprächs übers RSRP Team, unsere Begeisterung und die Technik unserer Sportgeräte knipste Ralf sogar einige Fotos. Noch bevor er sich in Richtung Strecke verabschiedete, tauchte el Mecanico aus den Tiefen seines Qualifyings auf und gab ergänzende Worte zum Besten.

Inzwischen waren die letzten Qualifikationsläufe im Gange. Zwischenzeitlich war auch Maiki (Maik Seifert), unser Kameraass vom BIKEtoberfest 2013 und den Motodrom Masters 2015 bei uns aufgeschlagen. Er hatte diesmal bei Wolf (Töns) angeheuert und begleitete an diesem Wochenende in dessen Auftrag das allgemeine BIKEtoberfestgeschehen.

Nachdem die Gruppen wie am Vortag abermals recht voll waren, kam es nur selten zu schnellen Runden dafür aber umso öfter zu Stürzen. Während loki stabil unterwegs war, hatte es el Mecanico in Q2 am Ausgang vom Shell-S beinahe aus dem Sattel gerissen. Als er weiterfuhr, hatte er zusehends Probleme mit einem durchdrehenden Hinterrad und einem außergewöhnlich schwammigen Fahrverhalten. In der asphaltierten Auslaufzone rechts vor der Triple Links hatte die Schleichfahrt ein Ende. Unser erschrockener Alteisenreiter hatte für einen Check kurz Halt gemacht. Ans Weiterfahren war nicht zu denken. Zum Glück befand sich der Besenwagen genau an derselben Stelle. Der 180er Slick an Brunhilde’s Hinterhand stand förmlich unter Wasser. Auch jetzt schien die Japanerin noch immer große Freude dabei zu haben, ihr Hinterrad mit Kühlwasser zu beschießen. Wie sich wenig später herausstellte, war ein Kühlwasserschlauch geplatzt. Bei Stecki’s Renndienst gab es adäquaten Ersatz. El Mecanico’s Schwester, die nebst +1 zur Unterstützung aus Berlin angereist war, hatte inzwischen einen Kanister destilliertes Wasser aufgetrieben. Das technische Problem war behoben. Was jedoch blieb, war ein unsicheres Gefühl.

Q3 verzögerte sich erneut. Loki war dann als erster an der Reihe. Es war voll und das schlug sich auf die Rundenzeiten nieder. Während der 3 Qualifikationsturns hatte unser ProThunder-Pilot insgesamt maximal 2 freie Runden. Die schnellste stammte aus Q2 und stand mit 1:41.04 zu Buche. Diese Zeit reichte für Startplatz 17 im kombinierten Feld aus Supertwins und ProThunder. Klassenbereinigt bedeutete das Platz 11. Loki hatte sich mehr vorgenommen. Auch für el Mecanico lief Q3 nicht wirklich rund. Dementsprechend wurden die Zeiten auch bei ihm nicht besser. Schlussendlich hatte auch er sich mit 1:47.556 deutlich hinter seinen Möglichkeiten auf Platz 5 in seiner Klasse eingereiht. Im ansehnlichen Feld aller SuperClassiX nebst ProBears stand er damit im Grid recht weit hinten in der Mitte von Startreihe 11.

Loki’s Rennen war für uns das erste des Wochenendes. Aufgrund der vielen Verzögerungen fand es erst gegen 16:40 Uhr und damit etwa 45 Minuten später statt, als es der erste Zeitplan vorsah. Zusätzlich waren alle Rennen auf 10 Minuten plus eine Runde eingedampft worden. Auf seinem Startplatz befand sich loki so ziemlich mittendrin im Feld aus 34 Startern. Die Hatz in Richtung Kurve 1 sollte sich als äußerst spannend herausstellen. Kaum war das rote Licht der Startampel erloschen, stürmte das Feld los. Direkt vor unserem Aprilianer war in einer der vorderen Reihen jemand äußerst schlecht weggekommen. Es entstand somit ein rollendes Hindernis, dem ausgewichen werden musste. Loki entschied sich für die linke Seite, was im ersten Linksknick nach Start/Ziel die innere Linie, in der folgenden Hotelkurve aber den großen Bogen bedeutete. Trotz des gelungenen Starts waren ein oder zwei Fahrer durchgeschlüpft. Nach wenigen Runden hatte sich das Feld einigermaßen sortiert. Loki war als letzter einer Dreiergruppe hinter der Ducati 999 von Jonas (Heinrich) und Frank Claussner auf seiner 2-Ventiler WEKA-Ducati unterwegs. Den heißen Fight, den sich seine 2 Vordermänner lieferten, konnte loki leider nur als Zuschauer aus erster Reihe beobachten. Es ging für ihn weder auf Schlagdistanz heran geschweige denn vorbei. Dazu waren die beiden Ducatisti doch zu flott unterwegs. Das Rennen plätscherte in der Folge wie beschrieben dahin, bis es auf’s Ende der letzten Runde zuging. Bei der Ausfahrt aus dem Shell-S hatte loki plötzlich einen eigenartigen Brandgeruch in der Nase. Er ordnete seine Sinneswahrnehmung ins Schubfach Motorproblem, Öl oder Kupplung ein. Sofort scannte er seine Betty auf etwaige Auffälligkeiten. Nichts. Es war demnach klar, dass einer der unmittelbar vor ihm fahrenden Piloten ein Problem haben musste. Auf der kurzen Geraden zwischen den letzten beiden Kurven des Rennens enttarnte sich der Übelriecher. Aus Jonas‘ 999 trat rechts aus dem Motorbereich einen dunkle Rauchfahne hervor. Der Ducatipilot schien von alldem bisher keine Notiz genommen zu haben und fuhr weiter kräftig drauf los. Loki direkt dahinter und ohne Kenntnis des tatsächlichen Schadenbilds rechnete mit dem Schlimmsten. Öl! Mit dieser Warntafel im Kopf, versuchte er möglichst nicht die Spur seines Vordermanns zu treffen und kreuzte daher auf einer abenteuerlichen Linie durch die letzte Kurve. Das war natürlich nicht schnell aber immernoch deutlich zügiger als GfK und Leder auf Asphalt. So kam es dann, dass Jonas seine Ducati qualmend und ohne Vortrieb ganz links an der Boxenmauer noch knapp vor loki ins Ziel rettete. Für Frank, Jonas und unseren RPRP-Piloten ging das Rennen auf Platz 16,17 und 18 zu Ende. Klassenbereinigt lag loki auf 11. Er ärgerte sich später, dass der Jonas trotz dessen Problem nicht hinter sich lassen konnte. Wie sich kurz nach dem Rennen herausstellte, hatte die 999 Ihre Kupplung verbrannt und die Wahl der schlechten Linie vergebene Liebesmüh. Ein Grinsen breitete sich in loki’s Gesicht erst bei der Datensichtnung aus. Er hatte sich endlich seinen lange gehegten Traum erfüllt. Eine 1:39.853 stand als seine schnellste Rennrunde auf dem Tableau.

Endlich stand auch El Mecanico’s Rennengemeinde in den Startlöchern. Er hatte geschlagene 55min länger warten müssen als es im ersten Zeitplan des Tages vorgesehen war. Die Boxenampel war erst um 18:20 Uhr auf grün gesprungen. Um diese Zeit war es fraglich, ob man ohne künstliches Licht das Rennen überhaupt würde zu Ende fahren können. In der Warm-Up Runde spielte Brunhilde’s Tachoeinheit, wie schon neulich in Hockenheim, eine Lightshow vom Feinsten. Dieses Schauspiel deutet auf einen elektronischen Defekt hin, der schlussendlich mit extremem Verlust an Motorleistung einhergeht. Der Discomodus verschwand zum Glück so schnell wie er gekommen war. Ampel aus! Das Feld flog los. In der ersten Kurve folgte das totale Chaos. Alle fuhren irgendwie kreuz und quer, zu Stürzen kam es allerdings nicht. El Mecanico, der einen gewohnt guten Start abgeliefert hatte, konnte von den unklaren Zuständen profitieren und in der Hotelkurve außen herum weitere Plätze gut machen. Klassenbereinigt noch immer fünfter fand er sich daraufhin hinter einer Dreiergruppe wieder, auf die er zusehends aufschließen konnte. Die Drei waren so eng beisammen, dass unser Hondarist nur eine Möglichkeit sah. Er musste versuchen, sie allesamt mit einem Mal zu kassieren. Er schaute sich die Situation 2 Runden lang an und hatte für Runde 3 den idealen Angriffspunkt ausgemacht. Im Eingang zum Shell-S wollte er es wagen. Doch was war jetzt los? Als das Feld zum dritten Mal durch die Triple zirkulierte, wurden plötzlich rote Flaggen geschwenkt. Rennabbruch! Aber aus welchem Grund? Kein Sturz war passiert. Keiner der 38 Starter konnte sich einen Reim darauf machen. Zurück in der Boxengasse herrschte helle Aufregung. Die Aufklärung folgte auf dem Fuße. Die Rennleitung hatte den Zapfenstreich befohlen. Von offizieller Seite ist der Rennbetrieb in Oschersleben nur bis 18:30 Uhr gestattet und diese Marke war inzwischen locker erreicht. Wie ein Vogelschwarm auf dem Weg in wärmere Gefilde machten sich sogleich sämtliche Streckenposten auf den Heimweg. Spätestens jetzt war auch dem geneigten Zuschauer klar. Schluss! Ende! Finito! Heute fährt hier niemand mehr. Vielmehr wurde später per Lautsprecheransage verkündet, dass es für den Rennsonntag, wer hätte es gedacht, einen neuen Zeitplan geben würde, um den SuperClassiX und ProBears die Möglichkeit zur Rennwiederholung zu bieten. Zwei Rennen am Sonntag also. Für el Mecanico ein zweifelhaftes Vergnügen.

Was folgte, stimmte uns jedoch wieder etwas fröhlicher. Der Tag war noch lange nicht zu Ende. Jetzt war es Zeit für Festlichkeit! Mit „Original Waidhauser Blasmusik“ sollte nun das BIKEtoberfest gefeiert werden. Die Buam und Madl waren bereits mit schwerem Musiziergut bestückt unterwegs durch Boxengasse und Fahrerlager und leuteten so den angenehmen Teil des Abends ein. Ein weiteres Mal blieb unsere kleine Seemine kalt, denn um ausreichend Speis und Trank zu generieren, war rund um die Partybox der ein oder andere Wagen aufgebaut worden. Es war ein Fest der Heiterkeit. Hier trafen wir neben Tom (Dick) und seinem Sohn Johann (Flammann) erneut auf die Krämertruppe und viele weitere nette Leute und zeitweise war das RSRP-Team sogar Teil der Show. Das hat Laune gemacht.

Tag 3 – Warmups und Rennen 1, 2 und 2
Am Sonntagmorgen war es ähnlich frisch, wie bereits an den Tagen zuvor. Allerdings hing in deutlicher Höhe eine Dunstglocke über der Börde, die den gesamten Tag über nicht wirklich weichen sollte. So etwas wie eine Dunstglocke hatte auch der Vorabend in unseren Köpfen hinterlassen. Wir kamen daraufhin nur recht träge in die Gänge. Aufgrund der niedrigen Außentemperaturen war das aber nicht wirklich tragisch. Loki schien es das Beste zu sein, das erste Warmup ausfallen zu lassen. El Mecanico hingegen wollte keine Session ungenutzt lassen. Immerhin hatte er ja heute zwei Rennen zu bestreiten und wollte darauf möglichst gut vorbereitet sein. Er bestritt also das erste Warmup und fuhr sich dabei prompt die Reifen kalt. Es war megakalt, doch um das Gefühl für die Strecke wieder herzustellen drehte unser Hondajockey einige Runden. Als er dann gänzlich durchgekühlt war und ins Fahrerlager zurückkam, fiel ihm auf, dass der komplette Ausgleichsbehälter des Kühlkreislaufs vollgelaufen war. Also wieder Verkleidung runter und Kühlwasser nachgefüllt. Da alle Schläuche dicht waren und auch das Laserthermometer die erwartete gleichmäßige Erwärmung der beteiligten Komponenten in richtiger Reihenfolge aufzeigte, blieb el Mecanico nichts anderes übrig, als mit unverändertem Aufbau ins zweite Warmup zu starten. Dort war auch loki inzwischen aktiv am Geschehen beteiligt. Allerdings war für ihn nach 5 Runden zeitweise hinter, vor und inmitten nasenbohrender vorabendlicher Partygäste der sprichwörtliche Kas bissen. Da sich keine freie Runde abzeichnete, steuerte unser Dönnerkapitän vorzeitig den Boxenhafen an.

Alle Wettfahrten waren im neuen Sonntagszeitplan aufgrund des Zusatzrennens der SuperClassiX und ProBears auf 13 Minuten plus eine Runde verdichtet worden. Das erste des Tages war für uns eben dieses Wiederholungsrennen. El Mecanico machte sich direkt im Anschluss an sein zweites Warmup nach kurzem Versorgungsstopp auf den Weg in die Startaufstellung. Aufgrund der noch immer unklaren Situation bezüglich Brunhilde’s Kühlwasserproblematik war er mit gemischten Gefühlen unterwegs.

Nach einem eher durchschnittlichen aber deutlich weniger chaotischen Start als am Abend zuvor kämpfte el Mecanico mit sich und einer stumpfen Waffe gegen den Rest der Altmetalltreiber. Der 600er 16-Ventiler schien nicht recht auf Touren zu kommen und auch in den Kurven fehlte es heute irgendwie an Entschlossenheit. So kam es, dass unser ClassiX-Pilot mit Hans (Möller) und Martin Behrens zwei der letzten drei F2-Jungs nahezu ohne Gegenwehr passieren lassen musste. Das Ende vom Lied war ein geknickter el Mecanico, der mit einer Bestzeit von 1:49.119 gerade eben noch Platz 7 seiner Kategorie ins Ziel retten konnte. Nach diesem Rennen sollte wenige Stunden später noch das zweite folgen. Die logische Konsequenz konnte jetzt nur Fehlersuche und –beseitigung heißen. El Mecanico machte sich ans Werk. Unter Verdacht stand schnell der Kühlerdeckel, der unter Umständen bereits in Hockenheim stark überhitzt und damit in Mitleidenschaft gezogen worden sein konnte. Der Deckel schien undicht geworden zu sein, wodurch der Bypass zum Ausgleichsbehälter deutlich zu früh freigegeben wurde. Wolfgang Harbusch, seines Zeichens diesjähriger SuperClassiX F2 Meister hatte ein passendes Ersatzteil parat und zeigte sich mit der Leihgabe abermals als hervorragender fairer Sportsmann.

Zwischen el Mecanico’s Sonntagsrennen stand loki zu seinem zweiten Kräftemessen an selber Stelle wie am Vortag umringt von großvolumigem Zwei- und Dreizylingergebrabbel mitten auf der Start/Ziel-Geraden vor der roten Ampel. Die Ampel ging aus und der Trubel brach aus. Loki’s Start war nicht schlecht aber leider nicht ganz so gut wie der in Rennen 1. Als die traditionell sehr spannende Anfangsphase des Rennens, die auch den ein oder anderen Ausritt jenseits der befestigten Streckenführung sah, vorüber war, surfte loki über weite Strecken in der Heckwelle der 675er Daytona von Lasse Bartschat. Unglaublich welch krasse Pace der kleine englische Dreizylinder auf der Geraden vorlegen konnte. Die Kurven gehörten allerdings loki und seiner Italorakete. Für loki war ein Vorbeikommen offensichtlich nicht so leicht zu bewerkstelligen. Oft hatte er sich bereits neben Lasse gebremst, doch immer musste er im letzten Augenblick zurückziehen. Die Kampfhähne wurden Mitte des Rennens über knapp 2 Runden von Comiczeichner Holger „MOTOmania“ Aue und seiner Guzzi, einem der Ausflügler der Anfangsphase, in Ihrem Treiben gestört. Holger war in jedem Winkel eine Nummer für sich, musste sich auf der Geraden aber oft der schieren Gewalt von Betty’s Rotax-Zwilling geschlagen geben. Nach zähem Ringen bezwang Holger dann aber auch Lasse und überließ den o.g. Duellanten wieder ihren Ring. Die letzte Runde war angebrochen und loki war nun vom Ehrgeiz gepackt. So konnte er die Saison nicht abschließen. Er musste unbedingt einen Weg an der Daytona vorbei finden. So kam es zum Showdown im Shell-S, der Schikane, die an diesem Wochenende bereits so oft im Mittelpunkt gestanden hatte. Am Eingang näher dran als je zuvor, quetschte sich loki beim Umlegen von rechts auf links an der Daytona mit der Startnummer 432 vorbei und behielt dieses Mal auch am Ausgang die Nase vorn. Dieses Manöver sicherte unserem Milletreiber Platz 15 im Rennen und damit Platz 10 in der ProThunder-Wertung. Was hat das Spaß gemacht! Für loki ein würdiger Abschluss einer ereignisreichen Saison. Toll!

Es ging jetzt Schlag auf Schlag und kaum 1 ½ Stunden später war es el Mecanico, der dem Aufruf zu seinem letzten Saisonrennen folgte und in seine schwarze Kuhhaut kletterte. Seit seinem ersten Renneinsatz an diesem Tag waren lediglich 2 Stunden ins Land gegangen. Ein echtes Gefühl der Erholung hatte sich definitiv nicht eingestellt. Bereits in der Einrollrunde war klar, dass el Mecanico erneut ein schwieriges Rennen bevorstand. Neben dem schwachbrüstigen Eindruck, den der japanische Vierzeller machte, hatte unser CBR-Pilot bereits seit Tagesbeginn über schmerzende Knie geklagt. Der Umstand, seine 1,86m auf der kleinen mit erhöhten Rasten bestückten Japanerin zusammenfalten zu müssen, trug nicht wirklich zur Besserung bei. Das zweite Rennen selbst lief ähnlich wie das erste des Tages. Mit wachsenden Schmerzen und immernoch ohne Druck im Kessel musste el Mecanico sowohl Hansi als auch Martin abermals ziehen lassen. Am Ende des Tages war zwar alles sturzfrei abgelaufen aber die Unzufriedenheit beim RSRP-Hondamann riesig. Schlussendlich war neben allen aufgetretenen Hardwarethemen auch el Mecanico’s mentale Verfassung aufgrund eines kürzlichen Schicksalsschlags in der Familie über weite Strecken nicht die beste gewesen. Vor diesem Hintergrund sind wir froh, dass es lief, wie es eben lief.

Das letzte Rennwochenende und damit unsere erste komplette Rennsaison als Team ist nun vorüber. Wir hatten wie immer ein, sagen wir, ereignisreiches Rennwochenende mit einigen Höhen und Tiefen. Insgesamt konnte el Mecanico mit insgesamt 120 gesammelten Punkten seinen dritten Platz in der Meisterschaft halten und loki endlich die magische 1:40 Mauer durchbrechen. In der Pro Thunder Wertung reichte es loki wegen 3 Ausfällen mit immerhin noch 66 Meisterschaftspunkten gerade noch zu Gesamtrang 9. Klar hätte es besser laufen können. Man darf allerdings nicht vergessen, dass die Saison 2015 mit Abstand die erfolgreichste für unsere Piloten war. Jetzt haben wir Zeit um im Winter neue Kraft zu schöpfen, die geplanten Reparaturen und Optimierungen zu realisieren und im nächsten Jahr wieder voll anzugreifen! Vor der Abreise aus der Börde galt es einige Hände zu schütteln und uns von lieb gewordenen Mitstreitern und Freunden zu verabschieden. Leute, wir bleiben in Kontakt und sehen uns spätestens 2016 wieder.

Zu guter Letzt bedanken wir uns herzlich bei allen, die uns 2015 unterstützt, gefeiert uns begleitet und unser zeitaufwendiges Hobby toleriert haben. Danke Mädels, Fans, Maiki, Eike, ArtMotor, EBC Brakes, Composite Impulse, BikeSide und Frima und alle die wir hier vergessen haben!