Tag 1 – Freies Training und Schrauben
Nachdem wir Am Mittwoch, oder vielmehr donnerstagmorgens um halb eins alles ausgeladen und aufgebaut hatten, ging es, wie üblich, recht früh mit der Fahrerbesprechung und der technischen Abnahme los. Die Abnahme bestand Betty, wie sich kurz darauf herausstellen sollte allerdings unberechtigt, mit Bravur. Zurück im Fahrerlager, das aufgrund der neuen Pavillons ein äußerst ansehnliches war, stellte loki ein Kühlwasserleck fest, dass sich offenbar in Hockenheim noch arglistig versteckt hatte, um ihm in Most mal so richtig den Tag zu versüßen. Für loki’s ersten Turn bedeutete das „Ausfall aufgrund von Schraubertätigkeit“. Nachdem das Leck, das eine lockere Schlauchschelle an der Verbindung der beiden Wasserkühler zur Ursache hatte, gefunden und beseitigt war, durfte sich unser Aprilianer fortan in der schnellen Gruppe (A) tummeln und die Strecke erkunden. Er stieg mit Rundenzeiten um 2:02 min ins Geschehen ein. Nach dem ersten Turn war er ganz aufgeregt und meinte zu el Mecanico: „Aaalter… Beim Rausbeschleunigen aus der Box hat das Ding mir fast die Handschuhe ausgezogen. Da hab ich aber schnell den Hahn wieder zugedreht…“ Gemeint war Betty’s neue Motorleistung, die in Most nun aufgrund der wieder verbauten offenen Abgasanlage erstmalig voll zur Entfaltung kam, nachdem 2 Wochen zuvor beim Test in Hockenheim ja noch auf Serien-Schalldämpfer umgebaut werden musste. Das Geräuschlimit betrug neulich 98db. Lächerlich! Im Verlauf des Tages purzelten loki’s Zeiten dann trotz schlechter werdenden Wetters und der wechselnden Zurschaustellung aller Flaggen des Streckensortiments durch die hochmotivierten Streckenposten rundum in die mittleren 1:50er Regionen.
Während loki immer sicherer wurde und sich mit dem nordtschechischen Asphaltkringel auf’s „Du“ einigte, hatte el Mecanico alle Zeit der Welt um aufgeschobene Kleinigkeiten an Brunhilde fertig zu bekommen. Nach dem Mittag kam es beim Synchronisieren von Brunhilde’s Vergaservierlingen zu erheblichen Kühlwasserproblemen, die jedoch behoben werden konnten. Außerdem modifizierte er seinen alten Auspuffhalter, beschnitt und Befestigte die alte Heckverkleidung am neuen kürzeren und leichteren Heckrahmen, montierte noch eine vorher konfektionierte Stahlflex-Bremsleitung für die Hinterradbremse, wobei die nächste Flüssigkeit aus dem Inneren der CBR ihren Weg ans Tageslicht fand, und entdeckte die neuen Immitationstalente seiner Honda. Immitationstalente?! Ja genau! El Mecanico versuchte sich inzwischen an Testfahrten durchs Paddock. Aufgrund der erheblich reduzierten Schwungmasse an der Kurbelwelle lief die Honda im unteren Drehzahlbereich jetzt wie ihre italienische Nachbarin. „Ab 6000 geht das Ding richtig vorwärts. Voll spontane Gasannahme. Geil!“ gab el Mecanico später begeistert zu Protokoll. Die 600F hatte den Test also erfolgreich bestanden. Lediglich ein kleines Ölleck an der ehemaligen Kabeldurchführung der nun fehlenden Lichtmaschine war noch zu beseitigen. Die Dreifaltigkeit der Flüssigkeitsprobleme war an diesem Wochenende also abgehakt. So buchte Brunhilde‘s stolzer Besitzer zur Feuertaufe direkt vorsichtig noch den ersten Turn des Freitags.
Zum Abschluss des ersten Tages gab es nach dem üblichen Einsatz für die „Kleine Seemine“ (so heißt unser kleiner roter Kugelgrill) noch den obligatorischen Trackwalk, um die Strecke besser kennenzulernen. Ganz besonders schauten wir uns dabei die Befahrbarkeit der Randsteine und den „speziellen“ grobnarbigen Asphalt der letzten beiden Rechtskurven vor Start/Ziel an. Lustigerweise hat man diese beiden Kurven nämlich vergessen, als man dem Autodrom vor etwa 4 Jahren neuen Asphalt spendiert hatte. Aus diesem Grund ist in diesem Streckenabschnitt die Ideallinie nicht von der Streckenführung sondern vielmehr von der Beschaffenheit des Fahrbahnbelags abhängig.
Tag 2 – Freies Training und Qualifikation
Endlich war auch el Mecanico aktiv ins Geschehen auf dem Autodrom Most eingestiegen. Nachdem er im freien Training am Morgen, trotz mangelnder Kenntnis des Streckenlayouts in Fahrgeschwindigkeit und damit einhergehender eckiger und unsicher wirkender Fahrweise ein gutes Gefühl bzgl. Brunhilde’s Kondition hatte, ging es für ihn sofort im Anschluss daran zu Wolf Töns, um die restliche Veranstaltung nachzubuchen und danach noch vor loki ins erste Qualifying. Mit dem ersten Zeittraining sortierte er sich mit seiner besten Runde (2:03.5min) auf Startplatz 2 in seiner Klasse ein. Er war stolz wie Bolle. Loki erfuhr sich mit Betty mit 1:53.0min in Q1 Platz 4 in seiner Kategorie. Auch er war damit durchaus zufrieden. Dem zweiten Qualifying blickten wir zuversichtlich entgegen, da sich das Wetter nach dem zuletzt schaurigen Donnerstag nun von seiner sonnigen Seite zeigte.
Aller Hoffnung zum Trotz konnte sich loki aufgrund zu hohen Verkehrsaufkommens leider nicht mehr verbessern und startet dementsprechend von Platz 4 in seiner Wertung. „Das Feld ist einfach zu groß für ein anständiges Qualifying. In jeder Kurve steht Dir ein anderer im Weg rum. Gegen Ende hat dann auch noch meine Konzentration nachgelassen. Schade…“ war seine Meinung nach Q2. El Mecanico wurde trotz Sicherheits- und Spaßgewinn, der stets mit Zeitenverbesserung einhergeht – dieses Mal waren es 1,2 Sekunden – von Wolfgang Harbusch, einem echten Urgestein in der SuperClassiX F2, auf Platz 3 degradiert. Nichtsdestotrotz hatten wir einen tollen Trainingstag bei bestem Wetter und blickten den Rennen, die für uns samt und sonders am Samstag stattfinden sollten, positiv entgegen. Da loki glücklicherweise zusammen mit unserem Paddocknachbarn Tom Dick, einem echten Könner der Rennfahrerzunft, seine Runden drehte konnte er sich ein paar Kniffe für seine optimale Linie abgucken. Zum Tagesabschluss wurde, um nicht mit den Traditionen zu brechen und so die Renngötter zu erzürnen, wie immer gegrillt und bei ein paar leckeren tschechischen Bieren die Rennstrategien für den Folgetag erörtert.
Tag 3 – Warmup und Rennen
Der Renntag ist nach alter Rennfahrer Sitte der Tag mit dem größten Nervositäts- und Ereignispotential. So war es dann auch in Most. Los ging die Ereigniskette bereits im ersten Warmup. Die Classic Superbikes waren gerade auf der Strecke, als es plötzlich einen Abbruch gab. Direkt hinter unserem Fahrerlager lag der Grund dafür mitten in der Anbremszone auf die vorletzte Rechtskurve schwarz triefend auf der Fahrbahn. Eine enorme Ölspur war dort zu sehen. Die Spur erstreckte sich über sicher 400m angefangen vom leichten Linksknick der sogenannten Gegengeraden bis hinein in die Boxengasse und kreuzte so zweimal die Ideallinie. Die orangenen Mainzelmännchen machten sich sogleich ans Werk und massierten Unmengen von weißem Bindemittel in den grobkörnigen Belag. Dies dauerte natürlich eine ganze Weile. So trug es sich zu, dass aufgrund eines Einzelnen alle nachfolgenden Warmups verkürzt durchgeführt werden mussten. So hatte El Mecanico nur eine Besichtigungsrunde und musste in der darauf folgenden schon wieder ins Fahrerlager abbiegen. Loki war immerhin eine freie Runde vergönnt. Der Zeitplan konnte nachmittags nur aufgrund einer verkürzten Mittagspause wieder eingehalten werden. Nachdem die Warmups zwar kurz aber dafür recht unaufgeregt und mit den Bestätigungen der Vortagszeiten zuende gingen, begann der Puls unter den Ledergewändern unserer Piloten so langsam zu steigen.
Als erster durfte el Mecanico in die Ansammlung von Dreierreihen auf der Start-/Ziel-Geraden des Tschechenkringels. Loki, in Vorbereitungen auf sein direkt im Anschluss terminiertes erstes Rennen begriffen, beobachtete das Geschehen aus dem Fahrerlager am anderen Ende der Strecke. Beinahe eine Runde nach Erlöschen der Startampel bemerkte er dort, dass el Mecanico einen Wahnsinnsstart gehabt haben musste. Loki‘s Teamkollege war im Feld deutlich weiter vorne unterwegs, als seine Startposition vermuten ließ. Im Verlauf des Rennens, in dem außer der SuperClassiX F2 auch die F1- und die Open-Kategorie nebst Classic SAM unterwegs waren, pegelten sich die Kräfteverhältnisse langsam ein. Hinter Wolfgang Harbusch und Hans-Werner Bischoff, die sich wenig schenkten, fiel el Mecanico bis zum Rennende zurück und konnte den Abstand trotz allen Bemühungen nicht halten geschweige denn verkleinern. Ein Grund dafür war auch folgende kleine Episode: El Mecanico befand sich im Clinch mit dem Fahrer einer alten Guzzi aus der Classic SAM. Dieser hatte kurz vor Ende der siebenten Runde 3-mal die blaue Flagge gesehen. Der Guzzifahrer steuerte sein Einspurfahrzeug in der letzten Rechtskurve vor Start/Ziel weit nach innen. Das schien das Zeichen für unseren Hondapiloten zu sein. El Mecanico schickte sich also an, außen herum zum Überholen anzusetzen. Als Brunhilde mit Geschwindigkeitsüberschuss und in Schräglage befindlich am Kurvenausgang mit dem Vorderrad bereits außen am Hinterrad der Guzzi schnupperte, ließ der Guzzitreiber sich auf einmal nach außen Richtung Curb treiben. El Mecanico, einigermaßen überrascht vom Dargebotenen, musste infolge dessen komplett auf den Curb und danach sogar aufs Gras ausweichen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Nach dem Rennen beschrieb Brunhilde`s Jockey sein augenblickliches Empfinden folgendermaßen: „Und mit der Geschwindigkeit und immernoch leichter Schräglage im Gras ging mir der Arsch ganz schön auf Grundeis und ich dachte das ich das Rennen wohl gleich aus dem Kies beobachten kann. Bin dann mit gezogener Kupplung wieder hinter ihm auf die Strecke gekommen und konnte ihn dann auf der Geraden noch vor der ersten Kurve beim reinbremsen überholen. Hätte ich `nen lupenreinen Diamanten pressen können, wenn ich mir vorher `n Stück Kohle zwischen die Arschbacken gelegt hätte…“ El Mecanico war ob seines Überlebens recht froh und euphorisch. Dazu trug zusätzlich bei, dass er sich auf Platz 3 wähnte. Er freute sich wie ein Schneekönig.
Loki war unterdessen bereits in seinem Starterfeld, das neben loki’s ProThunder noch aus ProThunder Open, Supertwins und ProBears bestand, angekommen. Mit zusammengenommen 30 Startern war es ein ansehnliches Feld, dass nach dem Erlöschen der roten Ampel wie ein F-Jugend-Rudel hinterm Ball auf die erste Wechselkurve zustürmte. Loki erwischte einen mäßigen bis besch… Start. Bis zum Anbremspunkt hatte er sicher schon 5 bis 6 Mitstreiter und/oder Konkurrenten passieren lassen. Nachdem die Schikane aufgrund von Gedränge in Schrittgeschwindigkeit aber glücklicherweise sturzfrei überwunden war, begann das Feld sich leicht zu entzerren. Es war die Zeit gekommen, sich die verlorenen Positionen zurückzuerobern. Ab jetzt hatte loki Spaß! Kurve für Kurve, Runde für Runde näherte er sich Mann für Mann seinem ursprünglichen Platz im Feld. Es gab insgesamt bis dahin wenige Verluste bzw. Stürze zu beklagen. Es war daher etwas verwundernlich, dass die Streckenposten an der vorletzten Rechts in Runde 6 plötzlich ganz aufgeregt mit den gelben Flaggen fuchtelten. Noch in der Kurve mit dem Asphalt kuschelnd, bemerkte loki im rechten Augenwinkel das Unfassbare! Im Bereich der Boxeneinfahrt versuchte ein SuperDuke-Treiber aus der ProThunder Open einen frei laufenden Hund in die Boxengasse abzudrängen. Loki sagte dazu später: „…Wie krass is das denn bitte gewesen?! Ich dachte mir nur: Alter bleib fokussiert und fahr Dein Rennen weiter… und jetz bloß kein Hundegulasch produzieren!“ Eine Runde später lag der Fahrer der SuperDuke bereits hinter loki und auch von der böhmischen Promenadenmischung gab es keine Spur mehr. So hatte es jedenfalls den Anschein. In Runde 8 schien im Schlussteil der Strecke etwas Schwerwiegendes passiert zu sein. Schon ab der Spitzkehre (kurz vor Streckenmitte) wurde mit roten Flaggen der Rennabbruch signalisiert. Das bedeutet normalerweise, dass gleich der Krankenwagen über die Piste rauscht. Dieses Mal war der Grund zum Glück weniger schmerzhaft. Unser bepelzter Freund hatte sich von seiner Auszeit zurückgemeldet und machte erneut die Strecke unsicher. Loki beendete das Rennen auf Platz 4 in seiner Klasse. Das versprach ein einträglicher Tag für das RSRP-Team zu werden.
Zurück im Fahrerlager bekamen unsere Jungs beiläufig mit, dass die Siegerehrung ihrer Klassen gleichzeitig stattfindet und bereits im Gange war. Also Zwischenspurt zum Podium! Für el Mecanico war es leider schon zu spät. Loki hingegen kam gerade noch rechtzeitig, um seinen Pokal entgegenzunehmen und sich nach den Händeschütteleien und Glückwünschen breit grinsend fürs Siegerfoto direkt neben das Podest zu stellen. El Mecanico bekam im Anschluss natürlich auch noch seinen Pokal. Aber was war das? Platz 4? Wieso denn das? Die Aufklärung folgte sogleich. Frank Schumacher hatte sich kurzfristig überlegt, mit seiner Ducati 748 gleich in 2 Klassen (ProBears und SuperClassiX F2) zu starten. Er ist leider verdammt schnell und hatte das Rennen sogar mit knapp 4 Sekunden Vorsprung vorm Duo Bischoff-Harbusch gewonnen. Das sorgte bei el Mecanico für erhebliches Zähneknirschen und ein langes Gesicht. Am Ende musste er sich leider mit Platz 4 abfinden.
Am Nachmittag standen nun noch die zweiten Rennen auf dem Plan. Zuerst waren die Klassiker an der Reihe. El Mecanico konnte in einem recht unspektakulären Rennen nach einem guten Start seine Rundenzeiten und Position aus Rennen 1 bestätigen. Nach loki’s vierten Plätzen im Qualifying und Rennen 1 und el Mecanicos viertem Platz in den Rennen 1 und 2 zeichnete sich fürs Team ein gewisser Trend zur niedrigen geraden Einstelligkeit ab. Allerdings stand noch loki’s letzter Akt aus.
Nach einem guten Start in Rennen 2 der „ProThunder AllStars“, wie loki’s Starterfeld von ArtMotor liebevoll getauft worden war, musste er in der ersten Kurve zwei stürzenden Mitstreitern ausweichen. Die Schikane nach Start/Ziel war hierbei, wie auch bereits in Rennen 1, bis zum Bersten gefüllt. Ein Fahrer stürzte in der Anfahrt auf die Ausgangskurve recht mittig auf der Strecke. Kurz darauf suchte auch ein Fahrer ganz links innen die Nähe zum Untergrund. Leider war das genau die Spur, in der sich auch unser V2-Pilot einsortiert hatte. Ihm blieb als Ausweg nur die Flucht ins Gelände. Das war in dem Fall die holprige Linie direkt über die Randsteine samt Innenbefestigung der Schikane. Loki hielt seine Kupplung dabei fest, sodass Betty schön weiterblubbern konnte. Im Eifer des Gefechts ging im Kleinhirn des Apriliaaufsassen leider das Runterschalten im Rauschen unter. Als loki nun die Aufholjagd starten wollte, quitierte Betty widerwillig ihren Dienst und war danach wohl eingeschnappt. Die italienische Diva ließ sich trotz mehrfacher Startversuche auf der Strecke leider nicht mehr reanimieren. So musste loki wohl oder übel den Anweisungen der herbeieilenden Streckenposten Folge leisten und die Strecke an Ort und Stelle schiebenderweise schmachvoll verlassen. Ärgerlich so wertvolle Meisterschaftspunkte zu verschenken.
Nichtsdestotrotz war es für das Team dennoch ein erfolgreiches Rennwochenende, ja sogar das erfolgreichste in der noch jungen Teamgeschichte. Wir hatten viel Spaß in Most und konnten auch einmal mehr nette neue Bekanntschaften schließen. Wir fuhren mit insgesamt 39 Meisterschaftspunkten (loki: 13; el Mecanico: 26) im Gepäck nach Hause. Bei der Heimfahrt sind wir nachts gegen 22:00 Uhr auf der A9 kurz vor Nürnberg dann zu guter Letzt noch vom deutschen Zoll angehalten und kontrolliert worden. Wir hatten nichts zu verbergen und alles lief glatt. Unbehelligt, voller Zuversicht und Tatendrang blicken wir nun in Richtung Festival Italia in Oschersleben…
Wir bedanken uns bei unseren Sponsoren und Freunden, die uns vor, während und sicher auch nach dem Rennwochenende tatkräftig unterstützt haben und sicher auch weiter tun werden.
Danke Leute!