Die 4 Wochen zwischen der German TT in Schleiz und dem Festival Italia sind wie im Flug vergangen. Loki war in diesem Zeitraum leider einer hartnäckigen Krankheitsphase anheimgefallen, sodass Betty viel zu lange alleine in der dunklen Teamzentrale ausharren musste. Die einzigen Dinge, die loki seiner Bella hatte angedeihen lassen können, war eine neu gestaltete Startnummer, die die unverwechselbare Optik optimieren und eine neue Starterbatterie, die endlich die Stotterproblematik beheben sollte.
Für el Mecanico, der an einigen Wochenenden im DTM-Rennkalender unverzichtbar in den Paddocks des Zweispursport gebunden ist, zeichnete sich bereits länger der schwerliche Verzicht auf’s Festival und der damit wahrscheinlich einhergehende Verlust der Führung in der SuperClassiX TT F2 – Wertung ab. So kam es dann, dass loki sich am Donnerstagabend, mit Sack und Pack und seiner Freundin Meike als helfende Hand und Köpfchenstreichlerin für schwierige Zeiten im Gepäck, alleine gen Bördekringel aufmachen musste.
Aber so ganz alleine ist man bei „Racing with Friends“ ja nie wirklich. Kumpel Sören (Schließer) von GA Promotion hatte sich wenige Tage zuvor als Teilnehmer bei den Supersportlern angekündigt und sich bei loki nach einem Platz unterm RSRP-Pavillon erkundigt. „Kein Thema! Gerne!“ Außerdem war Philipp Messer mit seiner KTM RC8-Flotte und Florian Bauer (3ter R6-Cup 2009, IDM SuperSport und Langstrecken-WM) als Konkurrent im eigenen Team bereits im Fahrerlager eingezogen und hatte einen der besten Plätze für loki freigehalten.
Gegen 21:30 Uhr lief das RSRP-Gespann entspannt und erfreulicherweise noch bei Tageslicht ins Fahrerlager der Motorsportarena ein. Der reservierte Stellplatz war schnell gefunden und mit tatkräftiger Unterstützung der bereits nebenan residierenden Kurzzeitnachbarn war auch der Aufbau der RSRP-Heimlichkeit fix erledigt. Nach kurzer Gruß- und Kennenlernphase gab’s noch ein leckeres Willkommens-Schönbuch und dann ging’s flugs ins Pensionszimmer. Sören war unterdessen noch mitten im Anflug begriffen. „Wir sehen uns morgen. Der erste macht die Reifenwärmer an…“
Tag 1 – Freies Training
Die Nacht nach einer erfrischenden Dusche in gemauertem Bad begonnen und nach erholsamem Schlaf in fester Behausung um 06:30 Uhr beendet, ging es 30 Minuten später zum bereits kredenzten Frühstücksbuffet. Was für eine tolle Sache! Der Tag begann vielversprechend. Zurück im Fahrerlager, kam loki gerade rechtzeitig zur Anmeldung und Fahrerbesprechung. Sören war bereits eingelaufen und hatte seine 675er F3 direkt neben Betty festgemacht. Für unseren Apriliapiloten stand die erste Prüfung des Tages, die technische Abnahme bei Ingo (Nowaczyk), dem Head of NRT48, auf dem Plan.
Nichts leichter als das!(?) Helmtasche auf den Rücken geschnallt, rechtes Bein übers Heck geschwungen, Zündung an und Start. Bis auf den Start klappte alles super. Allerdings schien Betty den Teil mit dem Anspringen nicht so wirklich auf dem Schirm zu haben. Naja… Was für den Menschen der Morgenkaffee, ist für die Maschine eben das Starthilfespray. Nächster Versuch mit Asthmaspray… mehr Asthmaspary… viel Asthmaspray… Peng… Qualm… Schei… -benkleister!!!
Betty quittierte das Hardcore-Morgenprogramm ähnlich einem Quaterhorse, das beim Brandzeichen setzen nach seinem Peiniger tritt, mit einem ordentlichen Backfire. Auch der Effekt war vergleichbar. Neben dem unvermittelten dumpfen Knall, trat plötzlich ein unangenehmer Geruch in die Nasen und dichter weißer Rauch quoll unterm Tank hervor. Wie von der Tarantel gestochen, sprang loki fluchend aus dem Sattel. Helm in die Ecke, Sekundenbruchteile später das Werkzeug bei der Hand, Betty’s Heck runter, Tank hochgeklappt. Der Luftfilterbrand konnte leider nicht mehr verhindert, nur noch diagnostiziert werden. Die Schwaden zogen langsam der Sonne entgegen. Der stechende Geruch und der ein ungutes Gefühl blieben noch eine Weile. Sören meinte direkt: „Heute fährst Du wohl nicht mehr.“ Diese ermunternden Worte hatte loki jetzt gebraucht. Der nächste Startversuch fand mit hochgeklapptem Tank statt. Der Tiefpunkt kam jetzt. Der Tastendruck generierte ein leises helles „Klick“ an der Stelle, an der eigentlich der Anlasser einspuren sollte. Verdammt!
Noch während der erste Turn in vollem Gange war, telefonierte unser leidgeprüfter Aprilianer bereits sämtliche Motorradhändler in und um Magdeburg ab. „Habt Ihr zufällig ein Anlasserrelais für eine 1000er da? Ich selbst fahre eine Mille aber da passen auch Eure…“ Jeder einzelne Anruf war ein Schuss in den Ofen. Nach seinem ersten Turn hatte Sören eine Idee. Er entstammt einer Moppedhändler-Familie. Der Schließer‘sche Familiensitz befindet sich 15 Auto-Minuten von der Motorsportarena entfernt. Also rein ins Auto und Vater’s Ersatzteilregal durchforstet. Leider ergab die Suche keinen Treffer.
Zurück im Fahrerlager hatte loki inzwischen Turn 2 verpasst. Eine Chance gab es noch. Sören hatte noch einen letzten Tipp im Ärmel: „Ruf mal beim Motorradmarkt Helmstedt an. Die könnten was da haben.“ Tatsächlich hatte Inhaber Wolfgang Landrath am Telefon eine vielversprechende Ansage gemacht. Jetzt war die Zeit für Meike gekommen. Sie hüpfte unverzüglich ins Auto und rauschte ab in die Porschestraße 11 in 38350 Helmstedt. Einfache Strecke 41,2km und 45 Minuten. Das gab loki Zeit, die Strecke heute doch noch zeitnah aus der Übertankperspektive zu erleben. Die Zeit für eine ganz besondere und heiß ersehnte Probefahrt war gekommen.
Mit den Rennfahrerkollegen ist es so eine Sache. Schraubst Du einmal, ist alles noch im grünen Bereich. Schraubst Du ein zweites Mal, gucken schon alle etwas angestrengt und erste Offerten dringen ans erfolglose Schrauberohr. So geschehen in Schleiz. Loki bekam ein mehr oder weniger ernst gemeintes Angebot nach dem anderen, als er Betty am Freitagmorgen für alle gut sichtbar komplettiert hatte. Eins der seriösen Angebote machte sein Klassenkamerad Kay (Liedtke), der damals mit der Anschaffung einer moderneren 675er Daytona R liebäugelte. Da ihm, wahrscheinlich auch seiner Claudia, 3 Motorräder als eins zu viel erschien, bot er sein Meistermotorrad aus 2015 zum Erwerb an. Loki, in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Apriliaria beschenkt, überlegte kurz und zog Kay’s Angebot in den Favoritenkreis. Man einigte sich auf eine unverbindliche Testfahrt beim Festival, bevor es zu tagelangen zähen Verhandlungen kommen sollte.
In Turn 3 der vierten und langsamsten Gruppe am Platz war es dann soweit. Loki saß zum ersten Mal in seinem Leben auf einer Boden-Boden Rakete von der Insel. Im Vergleich zur Mille erschien die Daytona aus 2009 bereits beim Aufsteigen als Zwergenbike. Die Sitzhöhe niedrig. Die Windschutzscheibe hat diese Bezeichnung wohl eher geerbt als verdient. Das Gewicht des Fahrzeugs kaum spürbar. Das wird ein Spaß, dachte loki nachdem die Liedtke’sche Einweisung mit der Antwort „… umgekehrtes Schaltschema…“ zu Ende ging. Unser Mille-Pilot wollte das ohnehin schon immer mal ausprobieren.
Loki’s erster Oschersleben-Turn 2016 war geprägt von ans Schaltschema denken, glatten Rasten, viel zu großem Spiel im Hauptgashahn, falsch eingestellten Hebeln aber auch von der Leichtigkeit des Seins, dem geilen heiseren Dreizylinder-Kreischen des kleinen Triples und der unerwarteten Slalomfahrt durch die Reihen der teilweise instruktorgeführten Ideallinien-Novizen. Kay hatte zwar erwähnt, den verbauten Laptimer aktivieren zu wollen, es dann aber wohl doch vergessen. Egal, loki kam mit jeder Runde besser mit den Eigenheiten der kleinen Engländerin zurecht und hatte tatsächlich viel vom erhofften Spaß. Endlich mal wieder ein Motorrad, das einfach nur funktionierte.
In der folgenden Mittagspause wurden die Gruppen nach Rundenzeiten neu gemischt. Kay und loki hatten sich auf einen weiteren Test-Turn verständigt. Die 1:46, die loki als beste Runde gutgeschrieben war, reichte für die Einteilung in die zweitschnellste Fahrergruppe. Er war also fast ohne Pause direkt wieder an der Reihe. Noch ein paar Kilo hochoctaniges ins schlanke Fässchen geplempert und in der Boxengasse kurz auf Kay gewartet, sodass dieser sich nicht wundern musste, wo sein Kampfzwerg abgeblieben sein würde und wieder raus auf die Strecke.
Inzwischen war das Schalten in umgekehrter Gangfolge fast vollkommen in loki’s Unterbewusstsein abgetaucht. Nur noch selten musste er unterm Kopfprotektor die Fragen „Wie war das noch? Ähhh… runter oder hoch für runter?!“ beantworten. Mit steigender Sicherheit viel die Rundenzeit. Am Ende des Turns stand eine ungeahnte 1:42.58 zu Buche. Michael Becker, ebenfalls auf Daytona 675 in der Pro Thunder unterwegs zollte loki Respekt. Er selbst war bereits seit Donnerstag vor Ort, kennt das Motorrad schon über einige Monate und war in ähnlichem Rundenzeitenbereich unterwegs.
Meike war inzwischen zurück. Sie hatte erfreulicherweise ein exakt tupfengleiches Ersatzteil aus Helmstedt mitgebracht. Sören hatte es zwischenzeitlich sogar schon in Betty’s Hintern implantiert. „Genau das gleiche Teil. Ist schon drin. Den Rest machste bitte selbst!“ begrüßte er loki, der mit breitem Grinsen und Schweißperlen auf der Stirn von seinem Seitensprung zurück kam. Spannung! Zündung an. Knopf zögerlich gedrückt. Starter dreht! Welch eine Freude. Die Hoffnung war ins Apriliaherz zurückgekehrt. Immerhin waren noch 2 Freitagsturns geblieben. Nachdem Betty nun wieder angesprungen war, lenkte Ihr Herrchen sie mit 4 Turns Verspätung nun endlich zu Ingo in die Abnahme. Nach gewissenhafter Prüfung bekam die Italienerin endlich den ersehnten Aufkleber. Freies Training wir kommen!
Widerwillig schluckte Betty erneut die bittere Start-Medizin aus der Dose bevor sie loki zum ersten Mal seit dem Biketoberfest 2015 wieder aufs Oscherslebener Parkett führte. Die Interpretation des folgenden Tanzes machte der Venezianerin blöderweise aus Most und Schleiz bekannte Probleme. Die Hoffnung, dass der neue Akku die Wunderheilung herbeiführen würde, verpuffte wie Darkwing Duck nach seinem Spruch „Ich bin der Schrecken, der die Nacht durchflattert…“. Der fiktive Begrenzer bei 8500 U/min war immer noch nicht besiegt. Loki sah sich der Herausforderung gegenüber, das Wochenende abermals als hauptamtlicher Rodeo Reiter auf widerspenstigem Untersatz bestreiten zu müssen. Das Ergebnis: 1:43.11. Die Kaufoption auf Kay’s Daytona wurde loki immer sympathiascher.
Die Pause zum letzten Turn verging für loki ohne besondere Vorkommnisse. Sören wunderte sich unterdessen über den erhöhten Wasserstand im Verkleidungsbug seiner grau-roten MV. Die Ursachenforschung blieb ohne offensichtliches Ergebnis. Loki machte sich langsam fertig für seinen letzten Trainingsturn. Er hatte sich vorgenommen, seine Schaltpunkte an die gesenkte Maximaldrehzahl anzupassen und den Umbau auf eine andere Sekundärübersetzung zu plausibilisieren. Untypischerweise brauchte Betty wieder eine Dosis Inhalat um Ihren Treibsatz zu zünden. Also ersten Gang rein und lo… ähh… aus! Was war jetzt wieder? Nach 2 weiteren Starts verweigerte die Italo-Zicke jeweils beim Einlegen eines beliebigen Gangs den Dienst. Loki kassierte den nächsten Tiefschlag.
Statt trainieren stand abermals schrauben im Abendprogramm. Wie oben bereits erwähnt, ist es mit den Rennfahrerkollegen so eine Sache. Während die einen, z.B. Philipp Messer, Dir Respekt zollen, weil sie selbst die Geduld schon längst verloren und ihre Steaks über den glühenden Überresten eines Moppedfeuers gegart hätten, während Du immer neue Ideen zur Lösungsfindung hast und die Hoffnung nie aufgibst, bieten andere Dir hämisch grinsend Motorräder zum Kauf an, die einfach nur funktionieren. Es gibt aber auch die, die mit Dir die Köpfe im Scheinwerferlicht über dem vollgekritzelten A3-Schaltplan zusammenstecken und versuchen, Dich mit selbst gemachten Erfahrungen zu unterstützen, wie Flori Bauer, Philipp II. (Philipp Messer’s Mechaniker) und Sören. Es gibt dann aber auch noch die Franky Schumachers, die Dir im Fahrerlager im Vorbeigehen mit einem Zwinkern Sprüche wie „Schrauberteam mit Rennproblemen?!“ reindrücken. Jetzt erst Recht! Das ist loki’s Mentalität in solchen Fällen. Zwischendurch machte eine Sturmfront sich übers Fahrerlager her. Die Tapfersten aus Messer’s Gefolge stürzten nach der Sicherung des eigenen Pavillons unter unseren und hielten ihn vom Davonfliegen ab. Es dauerte eine halbe Stunde, bis unter Aufbietung sämtlicher Ressourcen und einiger Schaffenskraft das RSRP-Zeltlager gesichert werden konnte. Ein Umzug in den Windschatten von Philipp’s Wohnmobilgespann war die einzig logische und finale Lösung. Das alles warf loki in seiner Lösungsfindung und Konzentration um Stunden zurück. Leider stoppte die Ordnungsmacht loki‘s und Philipp II. letzte Startversuche im frei gebliebenen Fahrerlagerteil um 22:45 Uhr mit den Worten „Ihr müsst Euch gar nicht wundern, wenn hier bald keine Rennen mehr stattfinden…“ Wir nehmen an, dass der V2 für diese Uhrzeit doch etwas zu geräuschvoll ausatmet. Also ab ins Bett und wieder von der Daytona mit der Startnummer 415 träumen! „Wir sehen uns morgen. Der erste macht die Reifenwärmer an…“
Tag 2 – Qualifyings und Rennen #1
Die Nacht war kurz für unseren Donnerkapitän. Der Tag der Wahrheit war gekommen. Jetzt hieß es Fehler finden und eliminieren oder den Klassenkameraden bei der Quali und den Rennen zugucken. Loki hatte neue Energie getankt und beim Zähneputzen neue Lösungsideen generiert. Er hatte aus den vergangenen Rennwochenenden gelernt und sein Austauschsteuergerät in die Überseekiste gesteckt. Das wollte er als erstes ausprobieren, bevor er sich abermals kopfüber in die unendlichen Tiefen des farbenfrohen Jungles aus kunststoffummantelten Kupferleitern begeben würde.
Mit ungläubigem Blick zog loki das Carbongehäuse des Steuergeräts aus Betty’s Hinterteil. Was sah er denn da? Ein seltsam geknicktes Kabel. Kabelbruch?! Sollte hier die Ursache für Betty’s Seitenständerkillschalterphantomschmerz verborgen liegen?! Fix war die Stelle abisoliert. Tatsächlich handelte es sich um die Brücke, die unser V2-Treiber vor etlichen Jahren an genau dieser Stelle eingezogen hatte. Stecker geöffnet, ausgepinnt, Lötkolben angeheizt, alte Lötstelle gesäubert, Leitung nachgesetzt und sauber neu angesetzt, Schrumpfschlauch geschrumpft, alles wieder zusammengesteckt, fertig… Spannung! Der Startversuch folgte sogleich. Das Leben war zurück! Auch der getriebeseitige Ladevorgang konnte ihm nichts anhaben. Freunde und Erleichterung pur zeichnete ein helles Leuchten in loki’s Augen. Jetzt konnte es endlich weitergehen bzw. anfangen.
Doch während loki endlich auf der Sonnenseite angekommen schien, gab es dunkle Wolken bei Sören. Das Wasserproblem weitete sich aus. Als Ursache stand bald darauf ein gerissener Wasserkühler fest. Der mit hilfreichen Kontakten gesegnete MV-Pilot hatte ruck zuck eine Lösung aufgetan. Im Laufe des Tages sollte er ein Ersatzteil aus Bremen angeliefert bekommen. In der Zwischenzeit berichtete er allen, die es wissen wollten und auch den anderen, dass ein Fluch über dem RSRP-Pavillon liegen musste.
Die Qualifikationsläufe zu den Festival-Rennen liefen bereits unaufhaltsam. Um Problemen mit der Einspritzung aus dem Weg zu gehen, hatte loki sich dazu entschieden, die originalen Einspritzdüsen statt der Dusche in den Stromkreis aufzunehmen. Sören zauberte ein Autotune 300 aus seinem Fundus. Damit sollte es möglich sein, die Einspritzkennfelder zylinderselektiv auf die neue Bedüsung abzustimmen. Leider stellte sich beim Systemcheck heraus, dass das Gerät nur von einer der beiden zugehörigen Breitbandlambdasonden mit einem sauberen Signal versorgt wurde. Also zuerst den kritischeren hinteren Zylinder angestöpselt und auf in Q3. Die beiden ersten Quali-Turns waren bereits ohne loki gelaufen. Der Schuss musste also sitzen.
Mit einer ordentlichen 1:40.482 reichte es gerade einmal zu Platz 19/30 im gemischten Feld aus Pro Thunder und Pro Thunder Open. Klassenbereinigt bedeutete das für loki Startplatz 10/18. Punkte sollten also locker drin sein. Zum Rennen, das in 73 Minuten gestartet werden würde, musste das Autotune nach getanem ersten Schritt jetzt an den vorderen Zylinder adaptiert werden. So richtig sauber lief der Rotax-Zwilling besonders bis 4000 U/min immer noch nicht. Aber in diesen Regionen ist man ja im Rennen eh nur einmal ganz kurz unterwegs. Viel wichtiger war die Erkenntnis, dass die 8500er Hemmschwelle endlich besiegt war. Loki hatte mit den letzten Maßnahmen dem Fehlerteufel den Sensenmann auf den Hals gehetzt. Der ging, wie eh und je, konsequent zur Sache und trat dem kleinen roten Schwerenöter mal so richtig in den Arsch. Das gab loki erstmals in 2016 die Gelegenheit, sich einzig und allein aufs Fahren zu konzentrieren. Rennen #1 konnte kommen.
Da war es auch schon. In der Startaufstellung bedeutete Platz 19 Reihe 7 ganz rechts außen. Zwei Reihen weiter vorne war es Jörn Widderich auf RSV4, dem offensichtlich grobe Fehljustage seiner Launch Control bei Ampel aus den Startvorgang völlig verhagelte. In der Folge gab es einen Mopped-Stau auf der Mittelspur. Loki flog daraufhin noch vorm Erreichen der Hotelkurve am halben Feld vorbei. Granatenstart! Wie die Jungfrau zum Kinde kam er dadurch unverhofft zu Platz 5 in seiner Wertung.
Das war schön wie befremdlich. Unserem Aprilia-Akrobaten war ja schon einiges am Start passiert, aber sowas?! Ihm blieb nur nach vorne zu schauen, sein Tempo zu gehen und auf die warten, die in der Quali bis zu 3 Sekunden schneller um den Rundkurs satelliert waren. Peu à peu rauschten die Unglücksraben von hinten heran und einer nach dem anderen vorbei. In Runde 3 kam Frank Schumacher, der mit dem Gaststart auf seiner Giulia für ordentlich Furore im etablierten Pro Thunder Feld sorgte. Leider führte Franky mit seiner zum Festival frisch aufgebauten Power-Duc wenige Runden später schwere Erdarbeiten in der Kiesgrube jenseits der Triple Links durch. Das Ergebnis war die Totalzerknüllung es edlen Rennbikes.
Auch Uli Geier fand Mitte des Rennens einen Weg vorbei an loki. Uli hatte seine altbewährte 848 zuhause gelassen und führte erstmals seine neue 959 ins Feld. Er zog unwiderstehlich vorbei und schnupfte wenig später auch Jonas Heinrich auf, der seine 999 aus dem Schleizer Gerstenfeld in der Eventpause reanim- und relackiert hatte. Loki hatte sich im Rennverlauf Zehntel für Zehntel stetig an Jonas herangearbeitet. Die Überholmanöver, die er über sich ergehen lassen musste, machten diesen Trend jedoch zunichte. Als letzter presste sich dann kurz vor Rennende in der Schlussrunde noch Frank Behrje auf seiner 998 innen in Turn 4 an loki vorbei. Für loki blieb nach der karierten Flagge eine der schönsten Auslaufrunden seines Rennfahrerdaseins. Trotz permanenter Positionsverluste hatte er nach einem tiefen Tal der Tränen endlich auch bei trockenen Verhältnissen ein perfektes Gefühl für sein Pasta-Projektil erlangt. Bei bestem Wetter schien nun auch unter der GfK-Mütze endlich wieder die Sonne.
Zurück im Fahrerlager blickte loki in ein weiteres Grinsegesicht. Meike empfing ihren Rennfahrer mit bester Laune und den erfreulichen Zahlen, Daten und Fakten zum Rennen. Sie berichtete von Platz sieben und der offensichtlichen Pulverisierung des persönlichen Rundenrekords vom Biketoberfest 2015. Bei der Rundenzeit musste loki kurz ungläubig den Kopf schütteln und die Öhrchen putzen. Mit allem hatte er gerechnet aber nicht mit einer Verbesserung seines bisherigen persönlichen Rekords um sage und schreibe eine glatte Sekunde. Meike musste einer Wahnvorstellung erlegen sein und versuchte loki eine 1:38.881 als Realität zu verkaufen. Tja, sie hatte Recht! Loki konnte sich das nur mit dem perfekt arbeitenden weil hochtransparentem Fahrwerk von HH-Racetech erklären. Danke Hubert!
El Mecanico verfolgte unterdessen vom Norisring gespannt das Live-Timing, wenn immer es ihm möglich war. Außerdem war der abwesende Alteisen-Treiber schwer an Zwischenständen und Ergebnis der SuperClassiX TT F2 interessiert. Loki konnte seinem Teamkollegen leider keine wirklich guten Dinge berichten. El Mecanico’s schärfster Verfolger Niels Paulsen hatte sich keine Blöße gegeben und war mit 1:42er Runden in Quali und Rennen hinter Joachim König sicher auf Platz 2 unterwegs. Nachdem sich Joachim in Runde 7/11 selbst aus dem Rennen katapultiert hatte, siegte Niels im Samstagsrennen und strich volle 25 Punkte ein. Neuer Meisterschafts-Zwischenstand: 1. Niels Paulsen mit 75 Punkten, 2. el Mecanico mit 65 Punkten.
Nach den Siegerehrungen wurde es dann gesellig im Fahrerlager. Roland, loki’s Studienkollege war mit seiner Frau Nicki aus Berlin zu Besuch vorbeigekommen. Sie hatten sich den Tag über auf dem Gelände und den Tribünen vergnügt und waren abends zur Grillparty angerückt. Roland hatte neben frischem Sonnenbrand auch eine leichte Rennvirusinfektion erlitten. Gerstensaft und Wein-Brause flossen und wie angenehme Gesprächsthemen in Strömen. Der einsetzende Regen spülte uns noch den Vielfachmeister Malte (Siedenburg) unters Zeltdach und auch Jonas war der Runde beigetreten. Sein flüssiges Bayrisches Gold und er sind stets gern gesehene Gäste.
Tag 3 – Warmups und Rennen #2
Mit neuem 200er Brückenstein auf der Hinterhand und neuen EBC-Sinterbelägen an der gegenüberliegenden Achse rollte Betty am Rennsonntag um 08:47 Uhr ins erste Warmup. Loki’s Fahrplan sah ein paar lockere und solide Runden vor, um die frischen Komponenten angemessen für sein zweites Rennen vorzukonditionieren. Sören, der alte Fuchs hatte loki zu einem niedrigeren Reifendruck geraten und diesen auch eingestellt. Der Heckpneu funktionierte auch damit tadellos und vermittelte loki besonders am Kurvenausgang nochmal ein besseres Gefühl. Die Bremse wurde mit den neuen Ankerplatten nochmals spürbar bissiger. Insgesamt war das gute Gefühl vom Vortag geblieben und es schien sogar noch etwas Luft nach oben zu geben.
Sören hatte inzwischen seinen neuen Kühler ins wunderschöne Gitterrohr verpflanzt und war seinerseits nach einem komplett verpassten Rennsamstag wieder bereit aktiv ins Geschehen einzugreifen. Sein Ziel war es, im heutigen Supersport-Rennen Maurice „Reese“ Evans zu challengen. Reece ist 2016 mit dem Scheunpflug-Team ebenfalls auf MV Agusta F3 675 unterwegs. Der reine Rundenzeitenvergleich prophezeite Sören auf jeden Fall Chancen im Kampf mit dem Amerikaner.
In Warmup 2 legte loki den Fokus auf Bestätigung der Rundenzeiten um die 1:39. Alle Systeme seiner Italorakete arbeiteten innerhalb der zulässigen bis optimalen Parametern. Das stimmte unseren Pro Thunder-Piloten positiv und seine Mission zum Selbstläufer. Das Rennen konnte kommen. Spannend würde sein, wo loki ohne die Schützenhilfe von Zuckelstarter Widderich sich würde positionieren können. Es war nicht davon auszugehen, dass sich das Szenario aus Rennen 1 wiederholen würde.
12:55 Uhr. Start zum Pro Thunder Sonntagsrennen. Roland saß heute alleine bis unter die Strohhutkrempe elektrisiert unterm Tribünendach hinter der Hasseröder. Es grollte der Donner und gleich müsste das stattliche Feld heraus aus der Hotelkurve in seine Richtung geflogen kommen. Die Szene auf der anderen Seite des Walls gestaltete sich folgendermaßen: Nachdem das rote Licht erloschen war, sah loki kurz im linken Augenwinkel, dass Jonas, der von 17 (Reihe 6 Mitte) aus ins Rennen ging, wild winkend und sofort unter den Schutz gelber Beflaggung genommen, stehen blieb. Abgewürgt, wie sich später herausstellen sollte. Loki selbst hingegen schoss abermals wie entfesselt der Hotelkurve entgegen und hatte auf dem Weg dorthin neben Jonas bereits auch Tommy Hofmann (Ducati 899) und Henning Schipper (KTM SuperDuke 990), den Rest der Besatzung von Startreihe 6 sowie die Ducati 998 von Frank Behrje hinter sich gelassen.
Da Franky Schumacher aufgrund der Giulia-Problematik vom Vortag nicht am Start war, befand loki sich nunmehr auf Rang 5 im Pro Thunder – Getümmel. Loki zog am Kabel als gäbe es kein Morgen mehr. Seine zum Sonntagsrennen frisch installierte GPS-Messtechnik zeigte ihm ab der ersten fliegenden Runde mittlere bis tiefe 1:39er und ab Runde 5, trotz gelb nach Sturz hinter den Shell-Esses, fast ausschließlich 1:38er Runden an. Henning, der wie bereits gestern in den ersten Runden Betty’s Endrohre näher untersucht hatte, als loki selbst das jemals getan hat, konnte das Tempo des Italogespanns nicht lange mitgehen und verlor zusehends an Boden. Loki seinerseits musste Uli Geier ziehen lassen. Uli’s 1:37er Rundenzeiten lagen deutlich unter loki’s Möglichkeiten. Die 1:36er Zeiten der 3 Spitzenleute (Stefan Lange, Hans Paßberger und Kay Liedtke) schon gleich gar nicht. Der Zieleinlauf erfolgte dann eben auch in genau dieser Reihenfolge.
Meike empfing unseren Aprilianer wieder mit leuchtenden Augen. Ihre Nachrichten diesmal: Platz 5 und 1:38.263. Das glaubte loki ihr direkt auf’s Wort, denn diese neuerliche Rekordzeit hatte auch seine bordeigene Zeitmesseinrichtung mitgeschrieben. Der Knoten ist geplatzt! Unser Apriliatreiber war endlich da angekommen, wo er sich selbst bereits vorm ersten Börde-Rennwochenende unter Außerachtlassung sämtlicher möglicher Probleme hingeträumt hatte. Alle Anstrengungen hatten hiermit Ihre Absolution erhalten und auch Betty war auf einen Schlag wieder zu 1000% ins Herz geschlossen. Kay trug es mit Fassung. Welch ein geiles Gefühl!
Als das Sonntagsrennen der SuperClassiX gestartet wurde, war das RSRP-Transportgespann bereits im Heimflug begriffen. Nachzureichen bleibt die Tatsache, dass el Mecanico keine weiteren Positionen und/oder Punkte in der Meisterschaft eingebüßt hat. Niels Paulsen hat sich in Runde 6 selbst aus dem Rennen genommen. Sieger der TT F2 war dieses Mal Joachim König. Es wird also beim Biketoberfest, beim zweiten Saisonevent in Oschersleben, zum Showdown bei den SuperClassiX kommen. Beim Event in Hockenheim Anfang August wird leider kein Rennbetrieb für die Klassiker stattfinden.
Es bleibt loki’s Danksagung zum Festival Italia: „Hi Leute! Lasst mich an dieser Stelle ganz herzlich Danke sagen! Danke mein Spätzle, Du bist für mich mehrfach über Deinen eigenen Schatten gesprungen und hast mir damit unendlich geholfen. Ich weiß das zu schätzen. Kay, nochmal vielen lieben Dank für diese Möglichkeit und Dein Vertrauen, mich mit Deiner Daytona ausreiten zu lassen! Viel Erfolg bei der Käufersuche! Danke Sören! Das Wochenende mit Dir war klasse. Ohne Deine Hilfe und Dein Equipment wäre es für mich sicher nicht so gut gelaufen. Du bist jederzeit wieder willkommen! Ein Dank geht auch an Dich Peter Lewicki (Teamfotograf) für die tollen Bilder! Allen anderen, die ich getroffen und gesprochen habe, danke ich für ein geniales Wochenende unter Freunden! Wir sehen uns in Hockenheim…“