Eine Woche vor Beginn des ersten Rennwochenendes 2016 in Most herrschte in der RSRP-Teamzentrale noch reges Treiben. El Mecanico war gerade mit der Wundversorgung und Zugangslegung nach Brunhilde’s gefühlter fünfter erfolgreicher Herztransplantation innerhalb von 2 Jahren zugange, bevor er aus beruflichen Gründen für die Dauer des Wochenendes alles stehen und liegen lassen musste. Loki hingegen hatte viel Zeit sich um den neuen Renntransportanhänger Apollo13.2 zu kümmern, denn seine Betty hatte ihren Prüfstandsurlaub noch nicht schon längst, wie 4 ½ Wochen zuvor verabredet, beendet. Einige neu lackierte Verkleidungsteile befanden sich von unserer Lackieraktion bei unserem Partner Composite Impulse mit Sitz in Gevelsberg auf dem Postweg zurück ins Ländle. Als loki seiner Betty dann am Samstag entgegenfuhr, um sie endlich nach Hause zu holen, kümmerte sich unser heimliches drittes Teammitglied bzw. regelmäßiger Retter in der Not namens Eiwig (Eike Wienberg, HWA-Kollege von el Mecanico) darum, dass Fenster in unser mobiles Residenzschlösschen kamen.
Aufgrund der recht engen Zeitschiene in Richtung Masters & Classics und der vielen offenen ToDos mussten wir beim Motorraddesign schweren Herzens Kompromisse eingehen. Wir haben uns dazu entschieden teilweise Vor- und Vorvorjahresverkleidungen zu fahren. Bevor wir nun am Mittwochnachmittag in Richtung Tschechische Republik aufbrechen konnten, stand die Tetris-Premiere für Apollo 13.2 an. Dies brachte kleine Herausforderungen mit sich, die wir jedoch allesamt erfindungsreich meistern konnten. Inzwischen war auch der Lebensmitteleinkauf erledigt und wir konnten gegen 17 Uhr aufbrechen. Nach einer heiteren und komplikationsfreien Anfahrt stempelten wir gegen 23:30 Uhr an der Pforte des „Most Autodrom“ ein. Für Anmeldung und technische Abnahme war es natürlich bereits deutlich zu spät.
Tag 1 – Freies Training
Der Morgen des Trainingsdonnerstags war frisch und begann recht früh. Als loki im Kofferraum von el Mecanico‘s E-Klasse erwachte, zeigte das Zeiteisen 07:00 Uhr. Die Fahrerbesprechung war für 8:30 Uhr geplant. Es war also noch Zeit für ein kleines Frühstück und die Morgentoilette. Nachdem sich unser Aprilianer gerichtet hatte, beschäftigte er sich mit den letzten Handgriffen an seiner Black Betty. Schraubverbindungen abknacken und Entlüftungsstatus aller hydraulischen Bordsysteme erledigte loki noch vor der Fahrerbesprechung. Nach den einführenden Worten durch Dirk von BikePromotion stand für das Italo-Pärchen noch die technische Abnahme an bevor es ernst werden konnte. Pünktlich zur Fahrerbesprechung waren auch el Mecanico und seine Frau, die das Team erstmals zu einem kompletten Rennwochenende begleitet hatte, aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Zu unserem Leidwesen war in der Racecontrol der Kaffeenotstand ausgebrochen. Wir waren also gezwungen, im Rennstreckenimbiss zu koffeinieren. Nach dem Wachmacher zuckelte loki nun in Richtung Abnahme davon. Kurze Zeit später tauchte er mit neuem Sticker auf der Verkleidung und breitem Grinsen im Gesicht wieder im Wochenendlager auf. Er freute sich sichtlich, den sprichwörtlichen Papierkrieg erfolgreich gewonnen zu haben, in den el Mecanico noch Hals über Kopf verstrickt gewesen war.
Um 10:10 Uhr schlüpfte loki erstmals nach 7 ½ Monaten wieder ins 60%-ige Känguru, sprang in seine TCX-Treter und pfropfte den neuen Schubert aufs Köpfchen. Den V2 widerwillig angekurbelt und die Heizdecken von den Bridgestones gezogen, rollte Betty um 10:20 Uhr erwartungsfroh gen Tagesturn 2. Am Boxengassenende hieß es Visier zu volle Fahrt voraus an den Maschinenraum. Kurz vor Einfahrt in die erste Schikane, als der kleine Zeiger die 7000 erreichte, war der Spaß bereits vorbei. Der Rotax-Zwilling fing an zu husten und zu prusten. So geschah es zwei Runden am Stück, bevor loki sich entschied, die Strecke wieder zu verlassen. Ab da war ihm klar, dass das Wochenende in Most tatsächlich eher Test- statt Rennwochenende werden würde.
Am Stützpunkt angekommen, machte sich der leidgeprüfte Apriliatreiber unmittelbar daran, dem Fehlerteufel auf die Schliche zu kommen. Die sofortige Datenanalyse förderte die Erkenntnis über die erreichte Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h aus den Bits und Bytes. Das kam für gute Rundenzeiten nicht Frage. Als Erstes musste Betty blank ziehen. Breitband-Lambdasonden wurden montiert und die Abgaswerteinstellung vom letzten Dienstag im Wohngebiet wurde plausibilisiert und nachjustiert. Währenddessen lief bereits Turn 3. Zu Turn 4 hatte loki seine Diva wieder komplettiert und war aufgesessen. Der Druck auf den Startknopf löste heftige Gefühle in unserem V2-Quäler aus. Je mehr der Anlasser sich bemühte, desto weniger schien die Venezianerin anspringen zu wollen. Selbst anschieben und Starterspray konnten Betty nicht ins Leben zurückholen. Turn 4 erging es also wie Turn 3, er musste ohne loki auskommen. Also wieder Striptease. Nachdem die Bordelektronik ein Austausch-EPROM bekommen hatte, stellte loki nochmals die Abgaswerte ein. Während die Arbeiten nach stärkender Mittagspause mit den besten Spaghetti Bolognese aus ganz Tschechien ein Ende fanden, rückte Turn 5 immer näher. Eine Schlechtwetterfront tat es Turn 5 gleich.
Die 20 Fahrminuten, die nun zu absolvieren waren, brachten für loki die erste gezeitete Runde des Wochenendes hervor. Die Rundenzeit betrug sagenhafte 2:08min. Zum Vergleich: Die schnellste Umrundung des Böhmen-Kringels war loki in 2015 in 1:52 gelungen. Die Probleme waren immer noch vorhanden. Unserem loki gingen die Ideen allerdings nicht aus. In Vorbereitung auf Turn 6, den letzten Turn des Tages, wurden die Einspritzanlage umgestrickt, der Chip zurück getauscht sowie erneut die Abgaswerte eingestellt. Wie bereits zuvor zeigte der hintere Zylinder wenig Muße, den Pegelvorgaben zu folgen. Deshalb suchte loki im Fahrerlager alle ihm bekannten Mille-Piloten auf und versuchte jedem einzelnen ein übriges Motorsteuergerät aus den Rippen zu leiern. Bis dahin leider ohne Erfolg. Er entschied sich für Zylinder 2 zu einem Extremwert. Turn 6 war gekommen. Es begann leicht zu nieseln und der Wind frischte auf. Neben diesen Negativerscheinungen gab es aber auch Licht. Plötzlich waren Rundenzeiten deutlich unter 2 Minuten möglich. Die Drehzahlmauer konnte erstmals, wenn auch nur unter Anstrengungen, durchbrochen werden. Das Setup für die Qualifyings am Freitag war beinahe gefunden.
Ab Turn 5 hatte auch el Mecanico ins Tagesgeschehen eingegriffen. Da er den Trainingstag nicht genannt hatte, jedoch vorm scharfen Einsatz Probleme entdecken wollte, hatte er sich dazu entschlossen, die letzten beiden Turns separat zu buchen. Getreu dem Motto „mit gefangen, mit gehangen“, zeigte auch Brunhilde die Betty-Symptomatik. Der neue 600er-Treibsatz, mit vielen begehrten HRC-Komponenten bestückt, schien unschöne Abstoßungserscheinungen bei seiner Empfängerin auszulösen. Alles in Allem brachten die ersten 20 Fahrminuten nach der Winterpause unserem Honda-Jockey ein schlechtes Gefühl und wenig Vertrauen ins Motorrad. El Mecanico entschied sich daher dazu, nach dem Vorbild des Spendermotorrads auf Unterdruck-Benzinzufuhr umzurüsten.
In Turn 6 schien Brunhilde geheilt zu sein. Doch der Schein trügte. Nach der langen links, in Fachkreisen „Männerlinks“ genannt, versagte der Honda Vierzeller abrupt seinen Dienst. El Mecanico wurde zum Liegenbleiber. Nachdem nach einigen Sekunden des Wartens am Streckenrand kein Marshall Notiz von ihm nahm geschweige denn zur Hilfe eilte, brach el Mecanico schiebenderweise zur Expedition durchs Kiesbett auf. Völlig entkräftet gelangte er wenig später per Lumpensammler zurück ins Fahrerlager. Seine Laune war nicht die beste. Eine Frage stand ihm dabei in großen schwarzen Lettern auf die Stirn geschrieben: „WARUM NUR?“
Das Fahrerlager war inzwischen gut besiedelt. Unsere Nachbarschaft bestand inzwischen nicht mehr nur aus der Truppe um Bert von Blitz, dem chief commander von Blitz Racing Apparel aus der GSXR 750 Challenge und Peter Hills englischem Sidecar Team von gegenüber, auch die Gladius Trophy hatte Teile ihrer Legion in unsere Reihen entsandt. Nachdem ein schwarzer Trainingstag seine dunklen Schatten auf uns geworfen hatte, brachte uns unsere kleine rote Seemine doch noch ein wenig Licht ins Gemüt. Gerade war das Grillfeuer entfacht, blickten etliche hungrige Augenpaare in unseren Pavillon. Vornehmlich waren es die Gladiatoren von nebenan, die heiß auf unsere Restwärme waren. Kühler Gerstensaft und hitzige Benzingespräche fluteten nun unsere temporäre Wohnstadt.
Tag 2 – Qualifying loki, freies Training el Mecanico
Freitag der 13. konnte per se ja mal kein Glückstag werden. Er begann dann auch wie der verheißungsvolle Donnerstag. Als Paukenschlag fiel erst mal der halbe Abwasch vom Vortag seiner eigenen potentiellen Energie zum Opfer. Zwei Teller des gut sortierten Picknickkorbes waren folglich Geschichte. In den folgenden Stunden sollten wir herausfinden ob Scherben auch tatsächlich Glück bringen. Die Qualifyings für die Pro Thunder Allstars, also auch für unseren Donnerkapitän, standen laut Zeitplan ab 14:39 Uhr an. Vorher, um 12:13 Uhr, war ein freies Training für die Allstars geplant.
Wegen seiner Probleme am Vortag und dem sonst freien Vormittag hatte sich loki dazu entschlossen ein weiteres freies Training am Vormittag zusätzlich zu buchen. Gegen loki’s Erwartungen hatten letzte Änderungen am Vorabend bezüglich Betty’s Unwohlsein keine Linderung gebracht. Loki hatte sich allerdings besser auf seine Tarantella-Tänzerin eingestellt. Seine Rundenzeit war daher deutlich unter 1:55min gefallen. Es hieß also mal wieder ran an die Werkzeugkiste. Alles wieder auf Donnerstags-Niveau und nochmal Tour de Paddock auf der Suche nach einem Ersatzsteuergerät. Wieder kehrte loki ohne Hardware zurück. Allerdings hatte er Micha Lutz und die freundliche Annette aus Breissach zu einem Kompromiss überreden können. Sollte loki Micha beweisen können, dass sein Problem tatsächlich mit dem Steuergerät zu tun hat, wäre der bereit, eines seiner zwei mitgebrachten Motorräder für den Rest des Wochenendes zu schlachten. Für diese Beweisführung brauchte loki jedoch das Steuergerät aus Annettes Einsatzgerät. Annette wiederum würde ihm ihr Steuergerät nach ihrem letzten Turn nach 14:39 Uhr für ein paar Minuten zur Verfügung stellen. Danach müsste sie abreisen und loki könnte dann gegebenenfalls auf Micha‘s Steuergerät ausweichen. Puhh…
Turn 2, sowie Q1 am Mittag, lieferten, wie zu erwarten war, keine Rundenzeitenverbesserung für unseren Aprilliamann. Der Steuergeräte-Coup stieg nach loki’s Q1 dann wie geplant, allerdings ging inzwischen die Welt unter. Es regnete in Strömen und das Q2 der Pro Thunder fiel sprichwörtlich ins Wasser. Das Ende vom Lied war der 14. und damit letzte Platz für loki in der Pro Thunder – gesamt also Platz 22 von 26 in der Startaufstellung für die morgigen Rennen. „Das is soo ärgerlich! Im letzten Jahr war ich hier schon fast 4 Sekunden schneller. Ich wollte dieses Mal unter 1:50…“ war loki‘s Kommentar dazu. Am Steuergerät hatte übrigens nicht gelegen.
El Mecanico doktorte bereits am Morgen weiterhin an Brunhilde‘s Drehzahlschwäche herum. Ein interessanter Impuls bei der Fehlersuche kam von Axel Sammet, der uns zwischendurch mit einem Besuch beehrte. Er und der Rest der Superduke-Truppe standen ebenfalls im unteren Fahrerlager. Axel hatte via Facebook von unseren technischen Problemen erfahren und daraufhin beschlossen mal vorbeizuschauen. Er vermutete einen Bug in der Tankbelüftung als Ursache für die Atemnot der betagten 600er. Unser Hondarist hatte diesen Ansatz dankend aufgegriffen und entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Nachdem die originale Tankbelüftung unter Aufbringung gebalten Lungenvolumens tatsächlich als nicht ausreichend beurteilt werden musste, versuchte el Mecanico über den Tankdeckel mittels Feileneinsatz eine zusätzliche Belüftung zu generieren.
Die Wirksamkeit dieser Maßnahme wollte el Mecanico in einem Zusatzturn kurz vor der Mittagspause erfahren. Als Backup Lösung sollte Elisa, el Mecanicos Frau, zu einem Boxenstopp mit Tape und einem Schraubendreher bewaffnet, in der Pitlane bereit stehen. Nach zwei Runden zündete diese Stufe. El Mecanico fuhr in die Box, warf den Tankdeckel ab, klebte das entstandene Loch mit Tape zu und stach mittels Schraubendreher ein Belüftungsloch ins Gewebe. Dadurch verbesserte sich die Tankbelüftung nochmals signifikant. Das Ergebnis seiner Strategie konnte er direkt als Verbesserung feststellen und meldete nach dem Trainingslauf zurück: „Schon deutlich besser als gestern. Allerdings gehen die ganz hohen Drehzahlen immer noch nicht…“. Insgesamt hatte unser Alteisenreiter inzwischen ein deutlich besseres Gefühl und Vertrauen ins Motorrad als am Vortag. Der letzte Turn des Tages sollte wiederum den ClassiX und SuperclassiX gehören. Aufgrund einiger Vorkommnisse im Tagesverlauf waren die ursprünglich geplanten 20 Minuten allerdings auf 5 min zusammengeschmolzen worden. Dem Regen war das egal, so fiel auch dieser Turn für el Mecanico aus.
Nach Raubzug (natürlich mit bezahlen) in Brüx (zu Deutsch Most), bei dem wir Shell V-Power Nitro Plus 100 und feinstes Staropramen erbeutet hatten, folgte ein lustiger und interessanter Abend mit abermals vielen neuen Bekanntschaften für unsere Jungs. Peter Hill schaute vorbei, erkundigte sich nach unseren Befindlichkeiten und lud uns auf einen Whiskey ein. Zuvor hatten wir Philipp Messer mit seiner RC8-Armada und Timmy Stadtmüller, beides Vollblutracer aus dem Süden, kennen gelernt und von ihnen ebenfalls Einladungen zum gemütlichen Tagesausklang kassiert. Es waren diesmal jedoch wieder die Fighter aus der Gladius Trophy, die uns mit ihrer Gesellschaft erfreuten. Auch loki’s Klassenkamerad Jonas Heinrich nebst Schwager in Spe waren zugegen. Als kein anderer mehr Lust hatte, musste Jonas unsere Jungs in seinem Lager noch für einige Stunden aushalten.
Tag 3 – Rennen 1 und 2 loki, Qualifying el Mecanico
Eine Stunde vor Beginn des Warmups hatte loki einen Geistesblitz. Seine Überlegungen gingen dahin, hohe Drehzahlen möglichst zu vermeiden und allein übers reichlich vorhandene Drehmoment hohe Geschwindigkeit zu generieren. Sein erster Schachzug war daher der Tausch des hinteren Kettenrads um eine längere Sekundärübersetzung zu bekommen. Danach führte ihn sein Weg in Stecki‘s Renn-Apotheke, wo er zwei neue NGK-Keramiken erstand. Die letzte Maßnahme war ein magerer Dreh am Steuergerätepoti für den hinteren Zylinder. Diese Arbeiten reichten natürlich bis nahe ans Warmup heran. Währenddessen schob sich die Seitentüre des benachbarten Gladius-Transporters langsam auf. Mr. Norddeutschland hatte das Licht der Welt erblickt. Sein erster Blick auf Betty verursachte offenbar eine Synapsenverkettung in seinem Relaiskasten. Als loki gerade im Begriff war, das Fahrerlager zu verlassen, hörte er nur einen Schrei: „Halt aan! Du hast Wasser im Buug!“. Der hübsche Kevin eilte sofort herbei und bot loki seine Hilfe an. Der gut gebaute Gladiator griff Betty an die Gabelfüße und hob sie kurzerhand aus. Das Wasser im Bug schwappte Richtung Hinterrad, wo loki es mit Zewa just in time auffangen konnte. Die ganze Prozedur wiederholten die beiden zwei Mal. Das Warmup war bereits in vollem Gange und loki wollte los. Es reichte am Ende einmal wieder nur für eine In- und eine Outlap. Es stand also keine Rundenzeit zu Buche, doch das Gefühl unseres Aprilia-Akrobaten für seine Betty war besser als an den Tagen zuvor.
Wenige Stunden später hatte loki seinen schmachvollen fünftletzten Platz im Grid geentert. Schräg vor ihm hatte Detlev Horst auf RSV 1000 R schwere Mühe den seinigen zu besetzen. Scheinbar war Detlev massiv verwirrt, denn als die rote Ampel anging, flitze er als Einziger los und stürmte durch die stehenden Reihen perplexer Mitracer. Ab da war loki klar, „Letzter werde ich heute nicht“. Geraume Zeit später war der echte Start erfolgt und loki machte direkt in Anfahrt auf Schikane 1 schon mehrere Plätze gut. Jetzt kamen ihm die Vorteile des Startplatzes ganz links außen hinten im Feld zugute. Während alle sich wie eine Horde E-Jugend Kicker um den Ball, um den Scheitelpunkt der ersten Kurve drängten, schlich er sich außen an der Meute vorbei, um wenige Meter später vor ihnen innen am Schikanenausgang zu sein. In den ersten 300m des Rennens hatte loki so sicher sechs Plätze gut gemacht.
Einige dieser Plätze gingen in den schnellen Passagen aufgrund der weiterhin bestehenden Motorproblematik auch wieder verloren. In den nächsten Runden konnte unser Mille-Pilot sich sehr nah an die Fersen des amtierenden Pro Bears Meisters Frank Schuhmacher heften. Dieser wiederum hing an einer fünfköpfigen Verfolgergruppe und schien mit massiven Schaltproblemen zu kämpfen zu haben. Zwei Mal hätte loki ihm deswegen fast das Heck abgebissen. Die Folge war Zeitverlust. Gegen Rennmitte verschaltete sich unser Italo-Racer massiv am Eingang der vorher noch so gut gelungenen Schikane 1. Die Lücke zur Verfolgergruppe wurde größer. In den nächsten Runden schrumpfte diese wieder auf null. Wiederum am Ausgang der ersten Schikane tropfte der Grund der Langsamkeit hinten aus der Gruppe heraus. Es war Tommy Hofmann, der bei loki’s Bypass ungläubig auf seinen Schaltfuß blickte. Der Fuß hing unmotiviert in der Luft, da die Raste irgendwo ein schöneres Plätzchen gefunden zu haben schien.
Ab jetzt wurde es komisch. Die letzte Kurve der planmäßig vorletzten Runde hielt für loki die blaue Flagge bereit. Es war klar, Philipp Messer war auf Speed und näherte sich mit (RC)8-Meilen-Stiefeln von hinten an. Brav ging loki auf Schleichfahrt entlang der Boxenmauer. Die Start-Ziel-Gerade war somit offen wie ein Scheunentor. Doch auch auf Höhe der Zielgeraden war von Philipp noch nicht die Spur zu sehen. Als loki per Beinahe-Stoppie Ende Start-Ziel vor Anker ging, tauchte der KTMler winkenderweise am Bildrand auf. Er zog schwungvoll an loki vorbei durch die Schikane und hielt in der Männer-Links zum Abklatsch das Händchen heraus. Loki jedoch war immer noch im Rennmodus. Die Verfolgergruppe, und mit ihr die realistische Chance auf einen Top 10 Platz, war jedoch inzwischen mehrere hundert Meter weit enteilt. Unserem enttäuschten V2-Treiber blieben neben der 1:53.3 als beste persönliche Rennrunde 5 hart erkämpfte Punkte für Platz 11 in seinem ersten Saisonrennen. Philipp Messer, im Fahrerlager mit seinem Fauxpas konfrontiert, entschuldigte sich ohne Umschweife und zu 100% sportsmännisch. Er versprach Wiedergutmachung sobald sich eine Gelegenheit zeigen möge.
Rund 3 Stunden später hieß es für unsere Aprilianer, selbe Stelle, selbe Welle. Das gesamte Starterfeld war deutlich nervös, denn vor der Streckenzufahrt waren trotz gegenteiliger Aufrufe alle wartenden für weitere 8min der Boxengasse verwiesen worden. Schuld war eine kurzfristige Zeitplanänderung während des zweiten Zeittrainings der offenen Superbikes. Loki fand währenddessen Zuflucht und tatkräftige Unterstützung mit Ständerwerk und Heiztechnik in Box 10 bei Micha Lutz und Kay Liedtke, zwei der besten Klassenkameraden, die sich ein Hobby-Racer wünschen kann. Einer hatte es vielleicht aufgrund dieser Verwirrung nicht ein zweites Mal in die Startaufstellung geschafft. Der in Rennen 1 mit 20sek penaltierte Detlev fehlte.
Beim Start erlebte loki ein Déjà-vu und fand sich zum zweiten Mal kurz nach dem Erlöschen der Ampel deutlich weiter vorne im Feld wieder als erwartet. Betty war der ganze Trubel offensichtlich über. Sie zickte im Abschlussrennen deutlich mehr als im vorhergegangenen Wettlauf. Für loki war es ein einsames Rennen. Die Überrundung durch Philipp kam daher eine halbe Runden früher als in Rennen #1. Offenbar war das die Chance zur Wiedergutmachung auf die der Orangerist gewartet hatte. Er bedeutete loki dranzubleiben und ihn ziehen zu wollen. Bei der Überquerung der Ziellinie kassierten beide, loki mit einer Runde Rückstand, die karierte Flagge. Doch auch in der Auslaufrunde gab Philipp unbeirrt weiter Kette. In der vorletzten Kurve rotierte Philipp‘s linker Arm bei verlangsamter Fahrt wie das Rotorblatt einer Trans-All kurz vorm Abheben. Loki war verwirrt. ‚Wer von uns beiden hat bloß diesmal etwas falsch verstanden?!‘ Seiner Verwirrung anheimgefallen, zog unser Aprilia-Pilot ein weiteres Mal an der Boxeneinfahrt vorbei und machte sich auf in Auslaufrunde #2. Kurze Zeit später im Fahrerlager gab es dann eine weitere Fauxpas-Ansprache an Herrn Messer. Jetzt war das Tage zuvor versprochene gemeinsame kühle Blonde fällig. Bei gelöster Stimmung und mit sinkenden Glaspegeln erfreuten sich die beiden Jungs am ersten Rennen der GSXR Challenge und dem spektakulären SideCar Qualifying. Auch Philipp’s Schrauber war mit von der Partie.
El Mecanico hatte heute Quali-Tag. Schon am Donnerstag hatte er mit seinen Handschuhen gehadert und war zwischenzeitlich daher auf loki’s Fingerlinge umgestiegen. Für den Zeittrainingstag hatte ihm Bert von Blitz ein Paar seiner Test-Objekte zu Demozwecken zur Verfügung gestellt. Unser Honda-Heizer war von Verarbeitung und Passform der Blitzgeräte schwer angetan. Mit frisch gewonnener Leichthändigkeit und generalüberholter Benzinpumpe ging es ohne Tankdeckel auf in Q2. Brunhildes Fahrwerk war zwischenzeitlich zwecks Justage beim Zupin-Fahrwerksservice vorstellig gewesen. In der letzten Kurve vor Start-Ziel gab es im Verlauf der Zeitenjagt einen heftigen Rutscher am mittelharten Frontgummi. Das war der Grund für eine erneute Gabeländerung und den schweren Gang zum Bridgestone-Mann. Ein neuer V01 musste her. In el Mecanico‘s Q3 stieg sein Vertrauen ins Bike, was die Rundenzeiten sinken lies. Als Outcome waren Startplatz 8 im Feld der ClassiX und Platz 2 der SuperClassiX TT F2 Wertung zu verzeichnen. Allerdings war unserem CBR-Treiber das zu dem Zeitpunkt so nicht bewusst. Er wähnte sich auf Platz 1, da für ihn die TT F2 lediglich aus Henning Lochte und ihm selbst bestand. Dieses Verständnis blieb für el Mecanico bis auf Weiteres wie in Stein gemeißelt.
Die RSRP-Truppe hatte es für den Samstagabend zum Dinner auf die Spitze des Kegelbergs nahe Most getrieben. Dort steht die Hrad Hnevin, die in der Neuzeit nicht mehr Verteidigungsanlage, sondern Restaurant und Nachtlager ist. Hier gibt es wohlschmeckende Speis wie Silberbeutel schonenden Trank. Der Tag hätte so schön enden können, hätte der Herr nicht 1 ½ Stunden Wartezeit vors Dessert gesetzt. Sämtliche Verabredungen im Fahrerlager waren damit ärgerlicherweise hinfällig geworden. Zu einem Besuch bei unseren Freunden von Vedo-Racing konnten wir uns dennoch aufraffen. Nach einer Lehrstunde zu standesgemäßem Aufbau und Betrieb eines Langstrecken-Bikes flüchteten wir uns in die Kojen.
Tag 4 – Warmup und Rennen el Mecanico
Während für loki der Spuk vorbei war, ging es für el Mecanico jetzt eigentlich erst los. Es war Renntag und unser Sushi-Flitzer heiß auf sein erstes Saisonrennen. Leider war das Wetter alles andere als heiß. Bei 7 Grad über Null verkam das so genannte Warmup eher zum Cooldown. El Mecanico detektierte leichte Instabilität beim Bremsen und spannte in Richtung Rennen aus diesem Grund seine USD-Gabel etwas straffer vor.
Bereits 10min vor Rennstart brannte loki, bewaffnet mit seinem Kamerarucksack, auf seinem Paddock-Racer abseits der Strecke gen Ende Start-Ziel. Dort hatte er am Vortag einen idealen Fotospot erkundet. Kurz nachdem sein Teamkollege seinen Ausguck erreicht hatte, spurtete das RSRP-Nippon-Gespann in den Wettbewerb. El Mecanico erwischte einen granatenmäßigen Start. Er schlängelte sich durch die Reihen und war in der Lage, über mehrere Runden in einer Vierergruppe im Mittelfeld mitzumischen. Brundhilde’s HRC-Konglomerat zündete sauber Richtung Max-Drehzahl und der geneigte Zuschauer konnte spaßige Zweikämpfe in Geradeaus- und Kurvenfahrt beobachten. Das neuerlich genesene Triebwerk zwang el Mecanico jedoch, seine Schaltpunkte, die er in den Vortagen mühsam erlernt hatte, zu verlegen. Eine adäquate Konzentration auf die Ideallinie war somit nicht zur Gänze gegeben. Gegen Rennmitte verkrampfte sich el Mecanicos Fahrweise zusehens. Schuld daran waren immer stärker werdende Gelenkschmerzen in seinem rechten Knie. Dadurch leicht gehandicapt musste unser Kamikaze ein paar Kohlen aus dem Feuer nehmen. Der einzige „bewusste“ Gegner (Henning) lag ohnehin bereits deutlich zurück. Gegen Rennende machte auch die Kupplung langsam schlapp. Sie begann leicht zu rutschen. Den imaginären Sieg vor Augen, ließ el Mecanico das Rennen sauber und sturzfrei austrudeln. Sein Abschlusskommentar war: „Mein Knie tut saumäßig weg und die Kupplung rutscht, aber Bert’s Handschuhe sind der Knaller!“.
Gemäß der Veranstaltungsordnung folgte 10min nach Rennende die Siegerehrung aller beteiligten Klassen. Als die TT F2 an der Reihe war, stutzte el Mecanico das erste Mal, als Henning nicht wie erwartet für Platz 2 sondern für den 3. Platz einen Pokal bekam. Die Augen wurden noch größer, als der Pokal für Henning’s 2. Platz für Daniel Richter, also unseren el Mecanico, ausgelobt wurde. Jemand Fremdes namens Nils Paulsen hatte mit 1 Runde Vorsprung die Sieger-Trophäe an sich gerissen. Jetzt war klar, wem die Jägermeister-PC31 aus dem Fahrerlager gehörte und das dieser Jemand tatsächlich nicht nur an den freien Trainings, sondern auch am Rennen teilgenommen hatte. Zur Revanche in Rennen 2 blieb dem Paar Mecanico leider keine Gelegenheit. Ein Familienfest in der alten Heimat übte eine größere Anziehungskraft aus. Somit fand das zweite Vintage-Rennen ohne RSRP-Beteiligung statt. Die Wochenendausbeute unseres Alteisen-Reiters betrug somit 20 Meisterschaftspunkte.
Insgesamt war Most für uns eher ein Testwochenende als ein echtes Rennevent. Viele Fehler wurden entdeckt und behobenund neue Reifen und Fahrwerke sowie Bremssysteme getestet. Wir haben das Beste aus unseren Möglichkeiten gemacht und viele interessante neue Bekanntschaften geschlossen. Leider war es uns nicht möglich, allen Einladungen zu folgen, aber der große Rest der Saison liegt noch vor uns. Der Grundstein ist gelegt. Wir sehen uns in Schleiz.