DLC6 – 6h Oschersleben
Nach 5 Rennveranstaltungen auf Gesamtrang 4 in der Klasse Moto1000… Hätte uns das jemand zu Ostern angeboten, hätten wir alle ohne zu zögern sofort mit eigenem Blut den Vertrag unterschrieben.
Welch eine Deutscher Langstrecken Cup – DLC -Rookie-Saison war das denn bitte? Was hatten wir für verrückte Rennen? Der DLC4 in Oschersleben schlägt in diesem Punkt alles. Welch ein Chaosrennen. Nebenbei durften wir auch Kiesbetten auf zwei für uns ganz neuen Kursen probeliegen. Nichts konnte uns stoppen. Nichts konnte unsere Motivation schmälern. Nichts konnte unseren Ehrgeiz brechen.
So konditioniert und auf das Meiste gefasst, reiste das RS-Racing-Project plus Endurance-Team (RSRPe+) #711 in voller Mannschaftsstärke zum DLC-Finale nach Oschersleben. Mit von der Partie waren:
– Strategie und Boxenmauer: Benedikt Steiger
– Verpflegung und PR: Jennifer Sommer
– Physio und Boxenmauer: Bianca Hofmann
– Mechaniker: Roland Karas, René Glienke, Uwe Trecker
– Fahrer Yamaha R1 (RN49): Thomas Hofmann
– Fahrer Yamaha R1 (RN19): Daniel Richter
– Fahrer KTM RC8 R: Mathias Scheel
Das erklärte Ziel dieser engagierten Truppe war es, den bis hierhin in 5 Veranstaltungen hart erkämpften 4. Rang gegen erwartungsgemäß starke Konkurrenz zu verteidigen. Allen voran galt es das KT-Racing Team #98 in Schach zu halten. Lag KT in der Gesamtwertung doch nur um ein Pünktchen zurück auf Rang 5. Auch das 6Speed.Team Endurance Racing konnte, mit 8 Zählern Rückstand auf RSRPe+, möglicherweise noch eine Rolle spielen. Gegen Team MG RaceTec, HMC Hannover und Bridgestone TTTM PPS Perf… (Ihr wisst schon wer) war kein Kraut mehr gewachsen. Die sollten das da oben mal schön unter sich ausmachen.
Wir hatten mit einer recht großen Unschärfe zu rechnen. Das Getriebe von Tommy‘s treuer Panigale 1299 S war 2 Wochen vor Saisonende schlimmem Zahnausfall anheimgefallen. So kam es, dass Tommy mit der kürzlich frisch erworbenen und darum bisher nie eingesetzten Yamaha R1 RN49 an den Start gehen sollte. Das zweite von zwei 45-minütigen Zeittrainings reservierte das Team folglich nur fürs Kennenlernen der neuen Zweiradtechnik. Diese Entscheidung verhagelte den RSRPlern zwar das Quali-Ergebnis, war im Vorfeld für den Rennverlauf aber als entscheidend wertvoll eingeschätzt worden. Dank Steven May’s Support (Team MG Racetec) konnten wir so vorm Rennstart noch einige kleinere Unwägbarkeiten ausräumen.
Als alle Motorräder nach dem Qualifying augenscheinlich wieder in Form gebracht waren, sollte loki auf seiner Matilda die spontane Ehre zuteilwerden, im Le Mans Stil den ersten Stint einzuleiten. Die RN49 hatte dem Mechanikerteam beim Hinterradeinbau ein Bein gestellt, weswegen der Plan, die japanische Elektronik-Missile an den Start zu schieben, hinfällig war. Stichwort Strategiewechsel #1. Zum Glück ist spontanes Problemlösen uns sozusagen in die Ölwanne gelegt worden.
Nach hervorragendem Start und erstem Stint mit viel Positionsgewinn übergab loki den Staffelstab an Tommy. Unser RN49-Pilot musste allerdings nach nur 16 Runden vorzeitig wieder die Box ansteuern. Der Grund dafür war ein massives Elektronikproblem, welches sämtliche Features auf off und das kleine Lagerfeuer hinter der Motorkontrollleuchte in Flammen gesetzt hatte. Es war nun an el Mecanico und seiner Elfriede, das Schlimmste zu verhindern. Kaum mehr als 10 Runden im Rennen – in Box 16 wurde fieberhaft nach einer Lösung fürs Hofmann’sche Problem gesucht und KT-Racing lag zu diesem Zeitpunkt mit 2 Runden Vorsprung scheinbar uneinholbar mehrere Plätze vorne – bemerkte unser zweiter Yamaha-Pilot draußen auf der Strecke immer größer werdenden Vortriebsverlust. In der Folge musste el Mecanico nach 22 von geplanten 30 Runden mit defekter Kupplung seinen Turn vorzeitig abbrechen. Er hatte lange gekämpft und den Lamellenflüsterer gegeben, um nicht noch einen zusätzlichen Stopp zu verursachen.
Die Übergabe an loki erfolgte rasch und problemlos. Dank spontaner Hilfe durch unsere Boxennachbarn JOJ Racing #94 konnte der Fehler – Sensorkabel am Hinterrad durchgeschliffen – an der 2017er R1 entdeckt und behoben werden. Nun flogen flinke Mechanikerhände um mehr als handwarme Motorenteile der RN19 und tauschten in Windeseile Kupplungsscheiben. El Mecanico, als Mr. Kupplungswechsel, mitten im Gemenge. Draußen auf der Strecke kam es derweilen zu einem Safety Car Einsatz. Kaum war die SC-Phase vorüber steht auch loki deutlich vor der Zeit vor der Box und wartet auf Ablösung durch Tommy, der gerade noch in den Helm und auf’s Motorrad schlüpft. Die RN49 fliegt davon. Loki motzt und sucht nach der Ursache für die sich bei jedem Gasstoß mitdrehende Armatur am rechten Lenkerstummel seiner KTM. Tommy macht draußen einen souveränen Eindruck. Die Lage entspannt sich langsam. Bis…
Jemand blickt auf’s Live-Timing und fragt in die Runde: Wo ist denn KT geblieben. Eben waren die doch noch auf 4?! Allgemeines Achselzucken durchbricht die ratlose Stille. Wie sich später herausstellen sollte, war einer der 3 Fahrer des KT-Racing Teams in Runde 57 zu Sturz gekommen. Das Team hat dadurch satte 12 Minuten verloren und lag nun statt 2 Runden vor 2 Runden hinter uns. Jetzt wurde es erst richtig spannend. KT war die gesamte Anfangsphase des Rennens deutlich schneller als die Mannen des RS-Racing-Project, und es sah so aus als würden sie nun noch eine Schippe drauflegen. Beim Team mit der Startnummer 711 wurde nun gerechnet, Stints bis auf’s äußerste verlängert und Strategieänderungen gebrainstormt. Derweil ist um die Technik unserer Renn-Eisen erfreulicherweise wieder Ruhe eingekehrt. El Mecanico‘s Elfriede summselte beinahe geräuschlos vor sich hin, Tommy’s Elsbeth zog in bekanntem Crossplane-Fauchen ihre Bahnen und loki’s Matilda war, wie immer, stetig unüberhörbar.
Ziemlich genau eine Stunde vor Rennende war KT exakt zu Beginn einer weiteren Safety Car Phase, ausgelöst durch einen Motorschaden bei MG Racetech, zum Wechsel reingekommen. Der Fahrer stand, auf seiner Yamaha R1 ab Baujahr 2015 sitzend, vor der roten Boxenampel und wartete ungeduldig auf Passage. Er wartete 10, 20 ja vielleicht sogar 25 Sekunden bevor er seine 200 Pferde weiter vorantreiben durfte. Nachdem die Nummer 98 in den letzten 3 Rennstunden bereits wieder bis auf eine halbe Runde an uns herangerückt war, lagen sie nun wieder eine ganze Runde zurück. RSRP von den Rundenzeiten her KT deutlich unterlegen und beide Teams voraussichtlich noch mit einem letzten Stopp vor der Brust, beschlossen die Strategen der Nummer 711 gemeinschaftlich, den marginal schnelleren loki statt el Mecanico nach Tommy zum finalen Ritt zu entsenden. Nur falls es zum Schluss noch um wenige Sekunden gehen sollte…
Am Ende waren es 20 Sekunden, die RSRPe+ vorm KT-Racing Team den Zielstrich nebst karierter Flaggenshow überflog. Alle RSRPler rasteten beim Sturm auf die Boxenmauer vor Freude komplett aus. Mission completed! Welch ein spannendes Finish…
Die Fahrer von RSRPe+ danken ganz besonders all ihren Helfern, Sponsoren und Fans und stellen ein ähnlich ehrgeiziges 2020 in Aussicht. Nicht zuletzt danken sie auch allen Kontrahenten im Punktekampf. Ohne Euch würde es nicht halb so viel Spaß machen.